So langsam lichtet sich der Nebel um den neuen Präsidenten Trump und es wird deutlich welche von seinen Aussagen Wahlkampfgetöse waren und welche auf seinen wirklichen Überzeugungen beruhen. Leider ist davon auszugehen das Trumps Glauben an den Protektionismus nicht nur seinen wirklichen Überzeugungen entspricht, sondern sogar eines seiner Kernanliegen ist. So sehr mir gefällt, dass Trump mehr Ehrlichkeit in die Politik trägt, mit Protektionismus kann er leicht mehr Schaden anrichten als er mit seinen anderen Programmpunkten Gutes bewirkt.
Man sagt, dass sich Geschichte nicht wiederholt, aber sich reimt. Wenn wir in die Vergangenheit zurückblicken, weist die Lage der Weltwirtschaft gewisse Ähnlichkeiten mit der Lage in den späten 20 Jahren auf. Damals wie heute befand sich die Weltwirtschaft in einer deflationären Phase als Folge einer schweren Finanzkrise. Wirtschaftspolitisch galt der Liberalismus zu Unrecht als delegitimiert. In der Folge gewinnen protektionistische Bestrebungen an Boden. In der Gegenwart lässt sich das an den Scheitern der Doha-Weldhandelsrunde und an die großen Schwierigkeiten den Welthandel auf bilaterale Weise voranzutreiben (CETA, TTIP) ablesen. Während der Weltwirtschaftskrise stand der Smoot-Hawley Tariff Act für einen unkontrollierbaren Protektionismus, der den Welthandel zum Kollabieren brachte. Der politische Prozess, der zu diesen Zollgesetz geführt hat, könnte sich auch heute als Blaupause dafür erweisen, die Weltwirtschaft in den Abgrund zu führen.
Der Ursprung des Smoot-hawley Tariff Acts lag im Präsidentschaftswahlkampf im Jahr 1928. Als Reaktion auf sinkende Agrarpreise, versprach Herbert Hoover den Landwirten Unterstützung. Dieses relativ harmlose Ansinnen führte zu einer unkontrollierbaren politischen Kettenreaktion, in deren Verlauf das Gesetz immer weiter ausgeweitet wurde. Jedes Gremium, in der das Gesetz beraten wurde, fügte neue Zollerhöhungen hinzu. So im Haushaltsausschuss des Repräsentantenhaus, dem Repräsentantenhaus selbst, im Finanzausschuss des Senats und schließlich im Senat selbst. Am Ende lehnten die Vertreter der Landwirtschaft, zu deren Gunsten das Gesetz initiiert worden ist, den Smoot-Hawley Tariff Act ab, da sie sahen, dass er ihren Interessen zuwider lief. Das Gesetz wurde zwei Jahre lang beraten. In seiner Endgültigen Fassung, die am 17. Juni 1930 verabschiedet wurde, legt es Zölle für 21000 Artikel fest.
Die Ursache für diesen Prozess, war das der Zolltarif zu einem Mittel wurde politische Koalitionen zu schmieden. Abgeordnete ließen sich ihre Zustimmung zu den Erweiterungswünschen anderer Abgeordneter abkaufen, indem sie ihrerseits die Zustimmung zu eigenen Erweiterungen erwarteten. Wie in einem früheren Artikel erläutert führt der politische Prozess dazu, dass Sachfragen in den Hintergrund geraten und politisch Entscheidungen nach Koalitionskalkül gefällt werden.
Die Folgen des Smoot-Hawley Tariff Acts waren verheerend: Es folgte eine Welle von Zollerhöhungen in den Partnerländern der USA. Zwischen 1929 und 1933 sanken die Importe von 4,4 Milliarden Dollar auf 1,5 Milliarden und die Exporte von 5,4 auf 2,1 Milliarden. Die Industrieproduktion sank um 46%, die Arbeitslosenquote stieg von 5% auf über 20%.
Meines Erachtens neigt die ökonomische Orthodoxie dazu die kurzfristigen Wirkungen von Schocks wie dem Smoot-Hawley Tariff Act zu unterschätzen. Sie bewertet Protektionismus vor allem aus der Perspektive, dass der komparative Vorteil wegfällt und das langfristige Wohlstandsniveau sinkt. Dabei wird unterstellt, dass sich die Wirtschaft immer in einem Gleichgewicht befindet. Jedoch wird in dieser Perspektive nicht beachtet, dass sich die Wirtschaft nicht instantan an die neuen Begebenheiten anpassen kann. Arbeitsplätze in der Exportindustrie fallen sofort weg, während die den Import ersetzenden Industrien erst langsam ausgeweitet werden. In der Folge gerät die Wirtschaft in einen Ungleichgewichtszustand; sie fällt in die Rezession.
Auch die Hoffnung, dass sich die Leistungsbilanz einer Volkswirtschaft durch Protektionismus verbessern kann, erfüllen sich nicht. Der Grund ist, dass die Leistungsbilanz immer dem Überschuss aus Kapitalexport und Import entspricht. Wenn sich nichts an dem Kapitalimport ändert, bleibt das Leistungsbilanzdefizit auch dann bestehen, wenn sich das Handelsvolumen insgesamt verringert. Die Ursache für den Kapitalimport der USA ist die hohe Nachfrage des Auslands nach amerikanischen Staatsanleihen, die daher rührt, dass sie international als Währungsreserve eine herausragende Rolle einnehmen. Die USA können ihre Leistungsbilanz nur dann verbessern, wenn sie entweder weniger Anleihen im Ausland absetzten oder im Gegenzug vermehrt im Ausland investieren.
Das Beispiel des Smoot-Hawley Tariff Acts zeigt wie leicht Protektionismus außer Kontrolle gerät. Zudem sind die Hoffnungen die in ihn gesetzt werden überzogen, während die Gefahren die von ihm ausgehen unterschätzt werden. Trumps Initiative, die amerikanische Wirtschaft stärker abzuschirmen, könnte sich schnell zu einem Desaster entwickeln. Die Zeit wird zeigen wie viel die Amerikaner aus der Vergangenheit gelernt haben.
Schlagwörter: Außenhandel, Politik ist irrational, Protektionismus, Smoot-Hawley Tariff Act, Trump
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