Die Suche nach den niedrig hängenden Früchten — Das deep value Depot

Vor wenigen Tagen rief Stefan von Stefansbörsenblog dazu auf die Renditen der deutschsprachigen Finanzblogger zusammenzutragen. Eine derartige Sammlung bietet sicher interessante Einblicke und da ich vor hatte über kurz oder lang meine Strategie als Ganzes vorzustellen, nutze ich die Gelegenheit und nehme gerne daran teil. Nicht zuletzt ist der vorgeschlagene Vergleichszeitraum nicht ganz unvorteilhaft für mich. Dazu später mehr.

Ziel der Blogparade „Wir machen uns alle nackig“ ist es die Rendite von interessierten Anlegern also vor allem Finanzbloggern und ihren Lesern vergleichbar zu machen. Um eine gemeinsame Basis für den Vergleich zu bieten schlägt Stefan vor den internen Zinsfuß als Berechnungsmethode zu verwenden und den Zeitraum vom 25. August 2015 bis 20.August 2017 zu betrachten.

Der Zeitraum ist mit etwa 2 Jahren zwar zu kurz um aussagekräftige Zahlen zu liefern, aber wenn wir das Vorgehen jedes Jahr wiederholen dürfte auf Dauer ein sehr interessantes Live-Experiment werden. Ernst zu nehmen sind auch Sorgen die im Kommentarstrang zum Aufruf laut wurden: Wenn man nur auf die selbst berichtet Zahlen vertraut, was hindert die Teilnehmer daran sich zu ihren Gunsten zu verrechnen? Oder etwas subtiler werden nicht vor allem diejenigen Auskünfte geben, die in dem gewählten Zeitraum besonders gut abgeschnitten haben? Man kann also auf einige Interessante Zahlen und einige aufschlussreiche Geschichten dazu hoffen, aber man sollte nicht den Fehler machen das Ergebnis für repräsentativ zu halten.

Bevor ich nun meine eigenen Zahlen besteuere möchte ich meine Anlagestrategie darlegen. Wenn man sein Vermögen gewinnbringend investieren möchte und bereit ist die nötige Zeit zu investieren, dann sollte man versuchen die höchste Rendite bei dem geringsten Risiko einzufahren. Ausgehend von diesen Grundgedanken habe ich vor fünf Jahren angefangen zu untersuchen welche Ansätze Aussicht auf Erfolg haben und welche weniger. Relativ schnell bin ich in der Value-Schiene gelandet, d.h. ich versuche bevorzugt in Aktien zu investieren, die in irgendeine Art billig sind. Durch Erfolg und Misserfolg hat sich dann auch mein Anlagestil weiterentwickelt und ich probiere gerne neue Ansätze aus. Andererseits hat es sich schnell gezeigt, dass es für mich am besten funktioniert solche Titel auszuwählen die eine starke Bilanz mit einer sehr niedrigen Bewertung kombinieren. Am liebesten sind mir daher Net-Nets.

Mein Investmentprozess sieht so aus, dass ich auf der Basis einer bestimmten Idee einen Aktienscreen konstruiere, dessen Parameter ich solange ändere bis ich auf etwa 40 Werte komme. Diese sehe mir der Reihe nach an, wobei ich die meisten Werte nach wenigen Sekunden verwerfe. Übersteht der Wert die erste Begutachtung, schaue ich mir den letzten Geschäftsbericht an, auf dessen Basis ich meine Investitionsentscheidung treffe. Im Erfolgsfall bleiben etwa ein bis zwei Werte bestehen in die ich investiere.

Leider wird es mit dem fortschreitenden Bullenmarkt immer schwerer niedrige bewertete Aktien zu finden. Daher weiche ich zunehmend auf andere Anlagestile aus. Wenn man sich vor Augen hält dass Qualitätsaktien ihre beste Performanz in Rezessionen haben und Value Aktien im jungen Bullenmarkt macht es vielleicht auch Sinn eine Strategie- bzw. Faktorrotation zu betreiben. Andererseits Deep Value ist niemals zu hoch bewertet, Deep Value stirbt im Bullenmarkt einfach aus.

Unabhängig von der inhaltlichen Aktienauswahl  habe ich mir einige formale Regeln zurecht gelegt:

  1. Um den Einfluss von Währungsschwankungen zu begrenzen und gleichzeitig eine möglichst gute Diversifikation zu erreichen strebe ich an um 40% meines Depots in nicht Euroländern zu investieren. Die Auswahl der Währungen erfolgt bottom-up. Das heißt ich investiere dort wo ich passende Aktien finde und stelle Makroöknomische Überlegungen in den Hintergrund.
  2. Ich investiere in 20 bis 25 Titel. Das ist für mich der beste Kompromiss aus Diversifikation und Zeitaufwand.
  3. Hat eine einzelne Aktie mehr als 10% Depotgewicht wird der Anteil reduziert. Das Gewicht mit der ich eine Position eröffne beträgt 5% oder weniger wenn nicht ausreichend Liquidität vorhanden ist. Ich strebe an, dass alle Positionen möglichst ähnliches Gewicht haben.
  4. Pro Monat sollte es etwa einen Verkauf und einen Kauf geben. Durch diese Weise versuche ich den Turn-Over zu begrenzen.
  5. Es wird angestrebt 10% des Depots in Cash zu halten.
  6. Finde ich Aktien mit attraktiver impliziten Volatilität schreibe ich ATM Puts die mit dem Bargeldbestand gedeckt sind.
  7. Ist die implizite Volatität generell niedrig investiere ich 2-4% des Depots in langlaufende ATM Calls.
  8. Es ist zulässig Aktien leerzuverkaufen.

Aber nun zu den Zahlen:

Depot am 31.08.2015:

Depot_30_07_2017

Depot 31.07.2017:

Depot_01_09_2015

Die Performanz in unterschiedlichen Zeiträumen:

Performanztabelle

Die Performanz für den jeweiligen Zeitraum entspricht dem internen Zinsfuß nach eigener Berechnung. Die Volatilität und Sharpe Ratio habe ich aus dem entsprechenden Report meines Brokers entnommen. Die Angaben zur Benchmark habe ich ebenfalls aus dem entsprechenden Report. Da die Performanz nach einer anderer Methode berechnet wird ist, die Performanz der Benchmark nicht mit dem internen Zinsfuß des Depots vergleichbar. Allerding zeigt der Vergleich die allgemeinen Tendenzen.

Neben dem Vergleichszeitraum und den Zeitraum seit Beginn meines Aktienengagements habe drei weitere Zeiträume ausgewertet, die durch unterschiedliche Strategien geprägt waren. Die Sturm und Drang Phase umfasst den Zeitraum in dem ich noch wenig Investmenterfahrung hatte. Typisch waren einfache KGV-Strategien und so landeten Werte wie EON und Commerzbank in meinem Depot. Was meine Performanz rettete waren kleine Werte wie KWG und Travel Viva. Da sich die Märkte in dieser Phase von dem Wiederaufflackern der Euro-Kreise 2011 erholten konnten sowohl der Gesamtmarkt als auch mein Depot hohe Zuwächse erzielen. Insgesamt spiegelte mein Depot die Performanz des Gesamtmarkts erstaunlich exakt wieder. Es gelang mir nicht mich positiv oder negativ gegenüber diesem abzusetzen.

Angeregt von den Erfahrungen aus meinen Anfänger Jahren versuchte ich in der darauffolgenden Phase an mich stärker vom Gesamtmarkt zu differenzieren und investierte verstärkt in Nebenwerte und probierte es mit verschiedene Optionsstrategien. Und damit fiel ich auf die Nase. In dem Zeitraum von 28.02.2014-31.10.2015 erlitt ich mit ALBEMARLE & BOND HOLDINGS und Mox Telekom zwei Insolvenzen, wodurch ich stark gegenüber meiner Benchmark zurückfiel. Ich sah mich gezwungen die Lehre aus meinen Erlebnissen zu ziehen und nach Wegen zu suchen das Risiko in meinem Depot zu reduzieren.

Mit den neuen Einsichten ausgestattet begann damit die dritte Phase, die vor allem dadurch geprägt ist, dass ich meinen Investments gegenüber deutlich anspruchsvoller geworden bin. Während mir in früheren Zeiten schon relativ oberflächliche Überlegungen ausgereicht haben, um ein Wert ins Depot zu legen, möchte ich heute ein genaueres Verständnis dafür haben, warum ein Titel nicht zu seinem Fairen Wert gehandelt wird. Es wäre sicher erfreulich, wenn ich die Performanz der letzten zwei Jahre halten könnte. Allerding hatte ich in dieser Zeit auch sehr viel Rückenwind erhalten. POLYTEC HOLDING AG legte eine Entwicklung hin mit der niemand rechnen konnte und den Aktionären von ZAPF CREATION AG wurde wenige Tagen nachdem ich eingestiegen bin ein Buy-Out angeboten, was zur Neubewertung dieses Titels führte und nur zwei günstige Begebenheiten zu nennen.

Ich hoffe dieser Abriss meiner Strategie und meiner Investmentbiographie konnte dem geneigtem Leser zu neuen Einsichten verhelfen oder zumindest eine gute Unterhaltung bieten.

Eine Antwort to “Die Suche nach den niedrig hängenden Früchten — Das deep value Depot”

  1. Auswertung meiner Blogparade „Wir machen uns alle nackig“ | Stefans Börsenblog Says:

    […] Michel […]

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