So ziemlich jedes Mal wenn eine Person des öffentlichen Lebens Frauen nicht als arme vom Patriarchat unterdrückte Opfer ansieht, sondern als mündige Menschen, die über ihr Leben selbst bestimmen können, wird Gehaltsdifferenzkeule ausgepackt. Zeigt nicht die Differenz in den Löhnen, dass Frauen massiv benachteiligt werden? Und wer das nicht sofort bejaht, wird sogleich beschimpft, er hätte ja keine Ahnung und solle die Klappe halten.
Aber die Differenz in den Löhnen zeigt tatsächlich nicht, dass Frauen massiv benachteiligt werden. Dem Schluss von der Differenz auf die Diskriminierung liegt die Annahme zugrunde, dass sich bei der Abwesenheit von Benachteiligungen eine Gleichverteilung einstellen würde und daher der Umstand, dass keine Gleichverteilung vorliegt, offenbart, dass Benachteiligungen vorliegen. Der Verweis darauf die Ungleichverteilung auf individuelle Entscheidungen zurückzuführen sind, die auf unterschiedliche Einkommenserwartungen bei Männer und Frauen führen, kann noch gekontert werden. Es müssen strukturelle Ursachen dafür benannt werden, dass Männer Berufe mit höheren Einkommenserwartungen wählen, bzw. dafür dass die Berufe die für Frauen besonders attraktiv sind an Ansehen und Gehaltsmöglichkeiten verlieren. Diese Ursachen würden die eigentlichen Benachteiligungen ausmachen, heißt es dann ohne zu konkretisieren, welche Ursachen das sein sollen.
Solche strukturellen Ursachen gibt es. Sie kommen dadurch zustande das Status für Männer und Frauen eine andere Bedeutung hat. Es haben zahlreiche Untersuchungen gezeigt, dass Status Männer für Frauen attraktiver erscheinen lässt. Damit lastete auf Männer der Selektionsdruck erfolgreich zu sein. Das heißt, dass Männer auch dann versuchen sich im Wettbewerb gegen andere Männer durchzusetzen, wenn es nicht dazu dient Frauen für sich zu gewinnen. Das hat natürlich gesellschaftliche Auswirkungen. Status und Anerkennung gibt es nicht umsonst, es liegt in ihrer Natur das man etwas aufgeben muss um sie erlangen. Daraus folgt, dass in den prestigekräftigen Berufen nur dann eine Gleichverteilung vorliegen würde, wenn die Abwägung, ob der Gewinn an Ansehen die Opfer wert ist gleich ausfallen würde. Damit ist jedoch nicht zu rechnen, da für Männer Status einen größeren Gewinn bedeutet als für Frauen. Sie sind auf diese Art von Status quasi von Natur aus gepolt. (Auch für Frauen ist Status wichtig es handelt sich jedoch um eine andere Art von Status, die sich nicht so stark in Einkommen und Beruf niederschlägt.) Solche Unterschiede stellen keine Benachteiligung dar.
Wie reagieren die Feministen auf derartige Argumente? Lassen sie sich überzeugen? Haben sie selbst überzeugende Gegenargumente? Weder noch! Für sie ist auf die Biologie Bezug zu nehmen pfui und Autobahn. Wer so etwas vertritt muss auf jeden Fall der NPD nahestehen und außerdem zeigt nicht dass es auch Frauen gibt, die in Berufen mit hohem Status oder unweiblicher Konnotation arbeiten, dass biologische Argumente falsch sind, weil es auf das Individuum ankommt?
Natürlich ist der Einzelne durch die Biologie nicht vollständig festgelegt. Darüber hinaus gibt es in der Biologie kein Musterexemplar jeder Phänotyp weicht von den Grundbauplan seiner Spezies mehr oder weniger ab. Aber um die strukturellen Ursachen festzustellen, die zur Ungleichverteilung des Einkommens führen, reicht es aus Tendenzen aufzuzeigen und genau das haben wir getan.
Das gesagte schließt natürlich nicht aus das es weiter Mechanismen gibt die zur Ungleichverteilung beitragen und die sehr wohl eine Benachteiligung darstellen. Aber die Beweislast liegt bei den Feministen zu zeigen, dass es solche wirklich gibt, wie sie aussehen und wie sie empirisch zu belegen sind. Empirie befreites rumgeschwurbel kann man dem Feminismus nicht mehr durchgehen lassen.
Edit: Wie sich die besprochenen Tendenzen im Arbeitsverhalten niederschlagen, kann in der Statistik nachvollzogen werden. Das unterschiedliche Arbeitsverhalten von Männer und Frauen kann die Lohndifferenz zu großen Teilen erklären. Dem hat Christian ein Artikel gewidmet. Auch CK hatte sich schon früher mit diesem Staatsfeministschen Mythos auseinandergesetzt.
Schlagwörter: Biologismus, Feminismus, Gehaltsunterschied, Geschlechtsdifferenz
November 10, 2010 um 1:41 am
hervorragend
November 10, 2010 um 1:10 pm
Dein Geschwurbel ist aber genauso empirie-befreit.
„Zahlreiche Untersuchungen haben gezeigt“ ist nicht gerade empirisch. Ich könnte genauso behaupten, dass „zahlreiche Untersuchungen“ zeigen, dass der Status quo den Frauen gar nicht gefällt.
„Damit ist jedoch nicht zu rechnen, da für Männer Status einen größeren Gewinn bedeutet als für Frauen. Sie sind auf diese Art von Status quasi von Natur aus gepolt. “
Die Natur hat also bestimmt, dass die Männer etwas menschlich (nein eigentlich männlich) konstruiertes bevorzugen? Kleiner Logik-Fehler, wie ich finde. Biologie ist nicht „pfui und Autobahn“, sondern deine Argumentation ist nicht biologisch.
Auch in der Biologie ist übrigens so, dass einige Sachen umstritten sind, und dazu gehören eben auch Betrachtungen über Geschlechter. Das ist glaubich ein Problem bei Naturwissenschaften: (Fachfremde) Leute lesen in populärwissenschaftlichen Artikeln irgendwelche Thesen oder von irgendwelchen Studien und denken dann, dass das DIE Wahrheit ist, denn über natur-gegebene Sachen kann man ja nicht irren usw.
Z.B. ist viel bei dem evolutions-psychologischen Kram verkürzt ( http://agqueerstudies.de/kerstin-palm-die-natur-der-schonheit/ ). Empfehlenswert ist auch das hier http://agqueerstudies.de/heinz-jurgen-voss-biologisches-geschlecht-ist-gesellschaftlich-hergestellt/ )
Zurück zu deinem Text: Die von dir beschriebenen „strukturellen Ursachen“ sind nichts weiter als eine Erläuterung der individuellen Entscheidungen. Die Benachteiligung von Frauen in der Wirtschaft hat nicht einfach nur individualistische Ursachen sowie Konsequenzen. So führt z.B. die gesamt-männliche Arbeitskultur dazu, dass Unternehmen nicht die typischen Bedürfnisse von Frauen bei ihrer Rekrutierung (Wiedereingliederung nach Schwangerschaft/Elternschaft) beachten. Könnte z.B. auch für die Wahl des Ortes eines Betriebsausflugs oder nach-Feierabend-Treffen (mit Frauen in den Strip-Club oder ins Bordell?) relevant werden.
Die Berufe sind auch nicht einfach nur „prestigeträchtig“, sondern mit enormer Macht, spätestens bei den DAX-Unternehmen verbunden. Und somit wird es auch wieder zu einer gesamtgellschaftlichen Frage: Eine Hälfte der Gesellschaft ist weniger mächtig als die andere.
Und dann die obligatorische Frage: Männer mit hohem Status sind für Frauen attraktiver – was ist denn dann mit den homosexuellen Männern und den Frauen? Also spätestens bei der Anwendung Frau-Frau-Verhältnis ist doch diese bipolare Betrachtung arg pseudowissenschaftlich.
November 10, 2010 um 5:03 pm
@Robert
Die Nachweise für die Unterschiede werden immer besser werden und schließlich Allgemeinbildung. Allerdings denke ich schon, dass das noch eine Weile dauern wird. Die Vorstellung, dass man durch Hormone „gelenkt“ wird, und sei es auch nur bezüglich von Wünschen, ist für viele nicht angenehm und daher schwer zu akzeptieren.
@kluedicke
Die Frage ist ja, was Frauen wollen. Wenn weit weniger Frauen bereit sind die Kosten von einem Beruf mit hohem Prestige oder einem Beruf, in dem man seine Kinder wenig sieht und nicht aussetzt (das aussetzen wegen der reinen Schwangerschaft dauert ja in der Theorie nicht lang) dann ist es nicht verwunderlich, dass sie auch weniger nach oben kommen. Ein hoher Karrierejob wird kaum unter einer 60 Stunden Woche zu machen sein, und die fordert ihren Tribut.
Die Theorien zu Homosexuellen sind im biologischen recht ausgereift. Das Geschlecht des Gehirns kann von dem Geschlecht des Körpers abweichen (ähnlich wie in den sozialwissenschaften beim Genderbegriff). Es kann also körperliche Männer geben, die sich eher wie Frauen verhalten.
November 10, 2010 um 6:36 pm
@kluedicke: „Ich könnte genauso behaupten, dass “zahlreiche Untersuchungen” zeigen, dass der Status quo den Frauen gar nicht gefällt.“
Es gibt Untersuchungen zu den Themen und die zeigen eher das Gegenteil.
„Die Natur hat also bestimmt, dass die Männer etwas menschlich (nein eigentlich männlich) konstruiertes bevorzugen?“
Status ist nicht rein menschlich, das Konzept kann z.B. bei allen Rudeltieren angetroffen werden und ist somit alt genug um evolutionäre Spuren zu hinterlassen.
Ist die Arbeitskultur wirklich männlich geprägt oder ergibt sie sich nicht viel mehr aus der Eigenlogik des Arbeitslebens? Das heißt würden nicht auch Männer von den typischen Bedürfnissen von Frauen profitieren (auch Männer wollen Beruf und Familie besser verbinden, nicht jeder mag Bordells/Stripclubs m.E. sind das sogar eher wenige). Das ist ein Punkt an dem ich mich auch auf Marx berufen könnte.
Zur Machtfrage, warum spielt es eine Rolle wie sich die Mächtigen zusammen setzen? Ist es für eine Frau wirklich relevant ob sie von einem Mann oder von einer Frau beherrscht wird? Die unterschiede zwischen Untertan und Herrscher sind gravierenderer Natur als die Geschlechtsunterschiede. Siehe z.B. diese Onion-Reportage.
Für Homosexuelle muss das gesagte nicht gelten. So weiß man, dass für Homosexuelle Männer bzw. Frauen andere Frauen bzw. Männer attraktiv sind, als für Heteras bzw. Heteros. Aber sie sind zu wenige, um die allgemeinen Tendenzen zu kompensieren.
November 10, 2010 um 6:37 pm
Ps: Zur Queer-Theore siehe auch:
http://www.welt.de/wissenschaft/article94232/Wer_schoen_ist_kommt_weiter.html
und
http://www.brainlogs.de/blogs/blog/geschlechtsverwirrung/2010-07-05/geschlecht-und-fortpflanzung-hilge-landweer-wirft-licht-auf-den-blinden-fleck-der-gender-studies
November 11, 2010 um 4:00 pm
Der Status, über dessen Ungleichverteilung du hier schreibst, ist der Status im (Erwerbs-)Arbeitsleben. Und das Arbeitsleben, wie wir es kennen, ist der in der Tat menschlich konstruiert; genauso wie die Frage wie die Gesellschaft (und ihre Statusverteilung) organisiert ist.
Schön dass du erkennst, dass auch Männer von frauenfördernden Maßnahmen im Arbeitsleben profitieren würden :-) Ich würde aber nicht sagen, dass die Arbeitskultur (die ich persönlich natürlich nicht kenne – ich kenne nur die Arbeitskultur in der Politik; und da kann man sehr schnell die problematischen Gewohnheiten erkennen) nur aus der Eigenlogik des Arbeitslebens folgert. Wenn in einem Unternehmensvorstand nur Männer arbeiten (oder auch Frauen, die sich weitgehend „männliche“ Verhaltensweisen angeeignet haben, um zu bestehen), dann macht man sich eben keine Gedanken um die typischen (oder untypischen) frauenfördernden Maßnahmen.
Zur Machtfrage: Natürlich ist es egal, ob wir von EINER Frau oder EINEM Mann regiert werden. Aber wir reden ja nicht von Einzelpersonen, sondern von der gesamten Gesellschaft (selbst in Diktaturen wird man nicht nur von einer Person regiert). Wenn man die Ideologie einer Chancengleichheit (nur die wäre imo liberal) vertritt, dann muss man halt bei bei Ungleichverteilung bei der Macht aufgrund des Geschlechts eine strukturelle Ungerechtigkeit vermuten.
PS: Nicht alles was wir tun, hat zum Endzweck, sich fortzupflanzen…
November 12, 2010 um 12:28 am
@kluedicke: „Und das Arbeitsleben, wie wir es kennen, ist der in der Tat menschlich konstruiert;“
Mir ist nicht bekannt, dass es im Tierreich auch ein Arbeitsleben gibt, weshalb wohl logisch daraus folgen muss, dass das Arbeitsleben nur menschlich konstruiert sein kann. Und was ist denn an einer menschlichen Konstruktion falsch?
Bekanntlich ist in der Tierwelt die geschlechterspezifische soziale Rollenverteilung sehr häufig anzutreffen. Die „Natur“ hat das so bestimmt, weil nur so das Überleben der Arten gewährleistet ist (jedenfalls ist kein anderer Grund ebenos naheliegend)
November 12, 2010 um 3:46 pm
@kluedicke: Auch wenn etwas menschlichen Ursprungs ist kann es die evolutionär entstandenen Reaktionen auslösen. Denk z.B. an die verarbeiteten Lebensmittel, die so in der Natur nicht vorkommen, aber trotzdem den Appetit anregen.
Chancengleichheit muss nicht immer zu einer Gleichverteilung führen. Man kann auch ein gutes Leben führen ohne an der Macht beteiligt zu sein (das zu ermöglichen ist das eigentliche Ziel des Liberalismus). Wenn Frauen in der Tendenz weniger an Macht interessiert sind als Männer, wird sogar der Versuch eine Gleichverteilung herbeizuführen die Chancengleichheit konterkarieren. Das es sich so verhält kann man z.B. an den Parteimitgliedschaften sehen. In allen Parteien machen Frauen nur um die 30% der Mitglieder aus, wenn man jetzt im Rahmen der Chancengleichheit eine 40% Quote für Frauen einführt, stellt man keine Chancengleichheit her, sondern überprivilegiert Frauen. (Auch zum Nachteil der Frauen, die nicht auf die Quote angewiesen wären.)
Edit: Letztendlich spricht ein Begriff der Chancengleichheit, die mit der Brechstange erzwungen werden soll, auch den Frauen das Recht ab anders zu sein als Männer. Allein daher verbietet es sich schon Chancengleichheit und Gleichverteilung in eins zu setzen.
November 15, 2010 um 2:20 pm
[…] Siehe auch: Michel:Warum Geschlechtsdifferenz nicht gleich Diskriminierung ist […]
Dezember 8, 2010 um 2:37 am
[…] ausgeprägte Konkurrenzstreben von Männern und die gesellschaftlichen Reaktionen auf dieses. In „Warum Geschlechtsdifferenz nicht gleich Diskriminierung ist“ wie der Umstand, dass das Konkurrenzstreben bei Frauen weniger stark ausgeprägt ist, zu […]
Oktober 2, 2022 um 6:24 am
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