In dem heutigen Beitrag werde ich mit der Frage beschäftigen, wie der Begriff des Rechts in den verschiedenen Weltanschauungen aufgefasst wird. Am einfachsten ist die Linke Ansicht zu begreifen. Das Ideal ist die herrschaftsfreie Gesellschaft, sodass das Recht nicht aufgezwungen werden darf. Die Rechtsnormen müssen also durch den Konsens bestimmt werden. Die Betroffenen sollen an der Rechtsetzung direkt beteiligt sein (Partizipation). Diese Vorstellung beruht auf dem optimistischen Menschenbild, dass „der Mensch grundsätzlich zur Basisdemokratie und Herrschaftslosigkeit fähig ist“.
Linke gehen davon aus, dass die Menschen in einer gerechten Gesellschaft enormen Aufwand betreiben, um Konsens zu finden. So etwa, dass sich jeder mehrere Stunden täglich an politischen Diskussionen beteiligt, wie das einige Entwürfe zur Rätedemokratie vorsehen. Sie sind zu diesem Aufwand bereit, da sie politisches Engagement selbst als erfüllend wahrnehmen und diese Präferenz auch anderen unterstellen. Das große Gewicht der Prozesse, die den Konsens herbeiführen sollen, hat oft zur Folge, dass Möglichkeiten Koexistenz zu verwirklichen fehlen, sollte der Konsens nicht erreicht werden. Das führte beispielsweise zum Scheitern des Anarchismuskongress in Berlin.
Neben dem Konsenskriterium gibt es im linken Denken noch weitere Aspekte, die das Rechtsempfinden prägen. Besonders deutlich wird das im Feminismus, sehen wir uns hier das Konzept der Definitionsmacht genauer an. Unter Definitionsmacht verstehen Linke, das Recht von Frauen „einen Täter zu markieren ohne für die Beweislast verantwortlich zu sein.“ Feministen begründen sie offiziell damit, dass nur so der Freispruch von Vergewaltigern auf Grund der Unschuldsvermutung verhindert werden könne. Effektiv würde sie jedoch jedem Mann, der seine Sexualität ausleben will, einem unzumutbaren Risiko aussetzen und Frauen in jeglichen Auseinandersetzungen mit Männern die Oberhand geben, was sogar unter Autonomen kontrovers diskutiert wird.
Es sind meines Erachtens zwei Gründe denkbar, wegen denen Linke Definitionsmacht fordern könnten. Zum einen das sie ihre eigne Propaganda glauben und annehmen, dass Frauen benachteiligt sind und Definitionsmacht diese Benachteiligung beseitigen oder begrenzen könnte, zum anderen, dass sie sich von der Definitionsmacht erhoffen, die Männlichkeit endgültig zu beseitigen. Warum dies Linken erstrebenswert halten könnten, habe ich bereits in einem früheren Beitrag erwähnt: Einige Aspekte der Männlichkeit sind mit einer egalitären Gesellschaft unvereinbar. Beiden Gründen liegt also das gleiche Motiv zugrunde, das Recht ist so zugestalten, dass es das Ziel einer egalitären Gesellschaft fördert. Durch eine solche Rechtsauffassung kann Gewaltausübung nicht begrenzt werden, was sich eindrucksvoll in der Geschichte linker Experimente und Politik zeigt.