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Jenseits der Schuld

November 22, 2013

Schuld ist ein erstaunlich unnötiges Konzept. Zwar scheint die Unterteilung in richtiges und falsches Verhalten, den meisten Menschen die notwendige Orientierung zu geben. Aber näher betrachtet schadet das Konzept mehr als es nutzt. Die Idee der Schuld ist, dass es allgemeine, vorgegebene Normen gibt, die einen vor Verletzungen und Verlusten aller Art schützen. Gleichzeitig haben diejenigen die an die Schuld glauben Angst davor, diese Normen zu verletzen. Das Problem an diese Denkweise ist sie die Kreativität erstickt, zur Unmündigkeit erzieht und es erschwert Kompromisse zu finden.

Im Zusammenleben von Menschen gibt es weniger allgemeinen Normen als man vielleicht annehmen würde. Zwar sind die Normen im Umgang mit Fremden sehr allgemein und unveränderlich, aber auch diese variieren von Region zu Region und von Kontext zu Kontext. Wenn man dann den Sprung über das Fremdsein hinaus wagt kann es keine allgemeinen Normen geben, Weil die Menschen aufgrund ihrer unterschiedlichen Erfahrungen auf die gleichen Dinge sehr unterschiedlich reagieren. Was für den einen ein notwendiges Zeichen von Nähe ist, ist für den anderen schon eine Grenzverletzung. Im Umgang mit anderen sind Frustrationen daher unvermeidlich. Wir kennen die Bedürfnisse unsers Gegenübers nicht und müssen uns erst daran herantasten. Bei diesem Prozess finden wir uns in unsere Rollen hinein. Diese Rollen definieren wie wir mit welchen Menschen auf welche Weise umgehen. Wir fühlen uns in unseren Rollen wohl, weil wir wissen, dass andere unser Verhalten in dieser Rolle akzeptieren. Wenn jemand aus seiner Rolle ausbricht setzt sein Umfeld dem meistens Widerstand entgegen, weil es vom dem ungewohnten Verhalten irritiert wird. Wie wir unsere Rollen definieren liegt allein in unserer Verantwortung. Auf dem Weg dahin wird es Irritationen und Verletzungen geben, aber der Weg kann uns nicht von anderem abgenommen werden. Wenn wir versuchen uns lediglich im Rahmen allgemeiner Normen zu bewegen bleiben entweder unsere Beziehungen auf einem sehr niedrigen Level oder wir müssen uns auf den Mut anderer verlassen zu dem Preis, dass wir sehr passive Rollen einnehmen.

Das Denken in der Kategorie Schuld ist auch der Versuch die Verantwortung von sich abzuwälzen. In unserer Kindheit waren diejenigen, die uns schaden wollten, die Bösen und Papi hat uns vor ihnen beschützt. Anstatt unsere Probleme selbst zu lösen, mussten wir diese Aufgabe an andere delegieren. Auch im Erwachsenenalter finden wir an der Idee gefallen, dass ein Held das Böse bestraft und die Guten beschützt. Diese Idee ist immerhin das Grundgerüst von zahlreichen Filmen und anderer Unterhaltung. Es ist attraktiv andere als schuldig zu darzustellen, wenn uns ihr Verhalten nicht passt, weil wir dann erwarten, dass unsere Probleme dann von anderen gelöst werden. Wenn andere diese Sichtweise übernehmen, kann das sogar stimmen. Der Versuch auf diese Weise unser Zusammenleben zu organisieren führt jedoch dazu ein Korsett von Regeln aufzubauen, dass in den meisten Situationen nicht angebracht ist und unter dem manche Bedürfnisse nicht ausgelebt werden können. Eine erwachsene Umgangsweise mit Verhalten das uns stört, ist zu kommunizieren was uns stört und entsprechende Konsequenzen zu ziehen, wenn  das Verhalten beibehalten wird. Der Unterschied zwischen diesem Verfahren und dem sanktionieren durch Schuld besteht in zwei Punkten: Erstens müssen wir die Verantwortung übernehmen und selbst die Konsequenzen ziehen. Zweitens nehmen wir das störende Verhalten nicht persönlich. Wenn jemand bereit ist die Konsequenz zu ertragen, kann er sich ruhig weiter störend verhalten.

Wenn wir uns an Schuldfragen orientieren geht viel Energie für wichtigere Dinge verloren. Wenn wir Fehler gemacht haben und damit konfrontiert werden, ist unsere erste Reaktion uns vor Vorwürfen zu schützen. Die Reaktion kann darin bestehen unsere Verantwortung für den Fehler kleinzureden oder die Bedeutung des Fehlers zu relativieren. Meistens werden durch diese Handlungen andere mit echtem oder angeblichem Fehlverhalten konfrontiert, die ihrerseits Abwehrreaktionen zeigen. Anstatt sich damit zu beschäftigen wie der Fehler behoben und zukünftig vermieden werden kann, ist bereits viel Kreativität dafür verausgabt worden, sich Ausreden auszudenken. Um nicht in diese unproduktiven Verhaltensmuster zu fallen ist es hilfreich zu akzeptieren, dass es normal ist Fehler zu machen und das wir deswegen keine Schuldgefühle haben brauchen. Nichts kann so befreiend sein wie einmal zu sagen: „Du hast Recht, tut mir Leid, es wird nicht wieder vorkommen“, wenn es wirklich ernstgemeint ist und glaubhaft kommuniziert werden kann. Auch kann es sehr frustrierend sein, wenn wir mit jemand eine konstruktive Lösung suchen und die betroffene Person Verhalten verteidigt, das wir gar nicht als Fehlverhalten wahrgenommen haben. In allen diesen Fällen stehen Schuldgefühle der Suche nach besseren Lösungen im Weg.

Auch wenn wie gezeigt es oft einfacher wäre ohne Schuldgefühle auszukommen, ist dieser Weg oft schwer zu beschreiten weil es tief in unseren Köpfen verankert ist, auf Vorwürfe mit Schuldgefühlen zu reagieren. Um reifere Menschen zu werden, bessere Beziehungen zu pflegen und unsere Ziele effizienter zu erreichen ist aber notwendig unsere Schuldgefühle hinter uns zu lassen und es zu unterlassen andere mit Schuldgefühlen zu manipulieren.

Kompetenz und Neid

Juni 10, 2013

Neid ist eigentlich nichts anderes als der Versuch die Verantwortung für seine eigene Unzufriedenheit auf äußere Umstände zu verlagern. Neid bedeutet, dass man anderen ihren Erfolg missgönnt, weil man glaubt, dass sie diesen nicht verdient hätten, dass man ihn mindestens genauso verdient hätte. Dieser Glaube dient dazu das eigene Selbstbild zu schützen. Man hofft insgeheim zu den Besten zu gehören auch wenn man eigentlich nur Mittelmaß ist. Aus dem Grund versucht man den Erfolg anderen zu relativeren und kleinzureden.

Die Wege die der Neid geht, um den Erfolg anderer kleinzureden ist durchaus amüsant. So hat die Redewendung „Geld macht nicht glücklich“ ihren Sinn ausschließlich darin, diejenigen zu erbauen, die der finanzielle Erfolg anderer bedrückt: „Du magst zwar mehr Geld haben als ich, ABER glücklich…“ Dabei macht Geld sehr wohl glücklich, wenn auch Dinge wie Freundschaft und Familie wesentlich wichtiger sind. Wenn die Überlegenheit anderer zu offensichtlich ist, versucht man mittels seichter Lügen das Spielfeld zu wechseln. Das Amüsante ist nun das die Überlegenheit der Neider auf dem neuen Spielfeld (wir sind wenigstens glücklicher) nur in ihrer Phantasie besteht. Man versucht sich diese Phantasie dadurch zu bewahrt, dass man sich gegenseitig in seiner kleinbürgerlichen Vorstellungswelt bestärkt.

Aus der Psychologie ist bekannt, dass diejenigen die für eine bestimmte Aufgabe die geringste Kompetenz haben, am ehesten dazu neigen sich selbst zu überschätzen. Das ist der Dunning-Kruger-Effekt. Teil dieses Effekts ist es, die überlegenen Fähigkeiten anderer nicht anzuerkennen. Jemand mit geringer Kompetenz seine Lebensziele zu erreichen, wird immer wieder in die Situation kommen, dass andere, denen er sich als ebenbürtig betrachtet, deutlich mehr Erfolg haben.  Es ist nachvollziehbar, dass diese Menschen sich oft benachteiligt fühlen und auch den Erfolg anderer nicht anerkennen möchten.

Ein Logischer Schritt in dieser Situation ist es, die Ursache für Erfolg oder Misserfolg nicht im eigenen Handeln zu suchen, sondern  Erfolg für das Produkt von Zufall oder übler Machenschaften zu halten. Anstatt anzuerkennen, dass man bei der Suche nach einem Partner aktiver werden muss, flüchtet man sich lieber in Glaubenssätze wie „Frauen stehen sowieso nur auf Arschlöcher“ oder ähnliches. Typisch für den Neider ist, dass er keine Vorstellung davon hat, wie man erfolgreich wird. Er missgönnt anderen ihren finanziellen Erfolg, scheut jedoch die Risiken und Mühen, die notwendig sind um diesen Erfolg zu erringen. Schlimmer ihm ist noch nicht einmal bewusst, welche Risiken und Mühen für den finanziellen Erfolg ausschlaggebend sind.

Das destruktive eigentlich fast tragische am Neiden ist, dass es von den eigentlich wichtigen Dingen ablenkt. Dass andere noch erfolgreicher sind, erschwert es nicht im Leben selbst Erfolg zu haben. Wenn andere nicht nur viel Geld haben, sondern ungerechter Weise auch noch glücklich sind, was soll es. Wichtig ist nur selbst glücklich zu werden, ob nun mit viel Geld oder wenig. Indem wir verstehen, wie wir unser Leben nach unseren Vorstellungen gestalten können, verlieren wir den Zwang andere für ihren Erfolg zu beneiden.

Manipulative Charaktere – fünf, Der Charismatiker

November 4, 2009

Der Charismatiker ist die Mutter aller manipulativen Persönlichkeiten. Eine Person hat Charisma, wenn sie durch ihre Ausstrahlung viele Menschen für sich gewinnt. Dies gelingt ihr und darin liegt das Manipulative, indem sie das Gefühl weckt ihr gehorchen zu müssen. Es gehört wohl zu unserem biologischen Erbe, dass zu der Bandbreite möglicher Empfindungen auch ein solches Gefühl gehört. Aus einer evolutionären Perspektive macht es durchaus Sinn, dass es einen Mechanismus gibt, der dafür sorgt, dass  wir in der Kindheit unseren Eltern gehorchen oder dass eine Gruppe von Menschen schnell handeln kann, weil klar ist wer das Sagen hat. Wahrscheinlich werden die meisten Leser diesen Impuls zu Gehorchen kennen.

Wenn es einen Impuls zu Gehorchen gibt, muss es auch etwas geben, das ihn auslöst. Dieses etwas ist die Persönlichkeit des Charismatikers oder besser die Art wie der Charismatiker auf andere wirkt. Meines Erachtens sind es folgende drei Eigenschaften die wenn sie zusammen auftreten den Impuls zu Gehorchen auslösen: Ein Charismatiker muss wohlwollend erscheinen, als kompetent wirken und autoritär sein. Als autoritär bezeichne ich jemanden, dessen Missfallen andere vermeiden wollen. Das erreicht der Charismatiker indem er jedes Mal, wenn jemand gegen seine Wünsche handelt, eine sofortige und starke Reaktion zeigt. In diesem Sinne sind Zicken autoritär. Anders als bei einer Zicke wird das autoritäre Verhalten des Charismatikers als positiv wahrgenommen, weil es von Wohlwollen und Kompetenz flankiert wird.

Es gibt eine Charakter in „Pulp Fiction“ der recht gut veranschaulicht, was ich mir unter einen Charismatiker vorstelle, Winson Wolf, der Cleaner der den Auftragsmördern Jules und Vincent dabei hilft, eine ungeplante Leiche (Marvin) zu beseitigen. Winson Wolf gelinkt es schnell eine klare Rolleneinteilung zu etablieren, er bestimmt und die anderen gehorchen.  Während Jules und sein Freund, dem das Haus gehört in dem die Scene spielt, sich Wolf freiwillig unterordnen, leistet Vincent zunächst Widerstand. Er besteht darauf, dass Wolf zu ihm bitte sagt und ist andernfalls nicht bereit ihm Folge zu leisten. Wolf kann nicht sofort Vincents Forderung nachkommen, da das seine Autorität untergraben würde. Er macht also erst viele Worte um darzustellen warum Vincents Bestehen auf ein „Bitte“ deplatziert ist, um ihm dann in leicht übertriebener Form nachzukommen. Diese nicht-aggressive Weise ist typisch dafür wie Charismatiker mit solchen Situationen umgehen.

Das Wesen eine Charismatikers bringt es mit sich einen positiven Eindruck zu hinterlassen. Tatsächlich kann jedoch die Kombination von Charaktereigenschaften, die einem Charisma verleiht, eine gefährliche Mischung sein. Kompetent erscheinen heißt zunächst, keine Selbstzweifel zu haben; autoritär zu sein, keinen Willen neben sich zu dulden. Wer schon einmal mit einem Charismatiker zusammen arbeiten musste weiß, dass das ein zweifelhaftes Vergnügen ist. Einerseits kann ein Charismatiker tatsächlich viel bewegen, sie bringen viel Energie und Initiative mit, andererseits ist es extrem schwer solche Menschen dazu zu veranlassen Kurskorrekturen vorzunehmen.

Wenn sich ein Charismatiker und die ihm hörigen Personen von der Außenwelt isolieren kann das eine extrem gefährliche Dynamik auslösen. Dem Charismatiker fehlt die Korrektur durch einen Widerspruch und beginnt seinen Willen mit der Realität zu verwechseln. Schließlich versucht er sich zur ultimativen Autorität aufzuschwingen, dem Herr über Leben und Tod. Die Omu-Sekte trug das Bedürfnis Tode zu veranlassen nach außen, bei den Sonnentempler waren die eigenen Sektenmitglieder die Opfer.

Für die konservative Weltanschauung haben Charismatiker eine besondere Bedeutung. Zu der konservativen Überzeugung gehört der Glaube, dass gewöhnliche Menschen Ordnungen brauchen, um ihr Leben zu bewältigen, die sie selbst nicht schaffen können. Quellen für die Ordnungen sind zum einen die Tradition oder in manchen Spielarten des Konservativismus Führungspersönlichkeiten, die natürliche Elite und seltener die Stifter der Ordnungen. Es sei daran erinnert das der ideale Patriarch die Eigenschaften des Charismatikers verkörpert: Wohlwollen, Autorität und Kompetenz. Geht man über die konservative Anschauung hinaus trifft man auf den Standpunkt, dass die Unterordnung unter eine wohlwollende, autoritäre und kompetente Macht ein Ordnungsprinzip ist, das die gesamte Gesellschaft durchdringen soll. Am deutlichsten wird das wahrscheinlich bei der konservativen Revolution in den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts.

Gegen diese Vorstellung stehen einige Einwende: Erstens kann man erst dann beurteilen, ob eine Macht wirklich wohlwollend und kompetent ist, wenn man ihrer Führung nicht mehr bedarf. Auch die Mitglider der Omu-Sekte und der Sonnentempler wahren der Meinung, dass ihre Anführer wohlwollend und kompetent waren. Ein Charismatiker kann einem weder das eigene Denken noch eine eigene Entwicklung abnehmen. Dazu kommt das die Eigenschaften des Charismatikers entgegen dem Anschein nicht mit geistiger und moralischer Reife korrelieren müssen. Zweitens und bedeutender ist, dass das Führerprinzip auch in einer kleinen Gruppe eine Anmaßung von Wissen bedeutet. Was eine Führungspersönlichkeit als gut erkannt hat, muss für die Situation eines Hörigen nicht angemessen sein.

Wenn der Impuls zu Gehorchen in uns verankert ist, ist man dann einem Charismatiker nicht hilflos ausgeliefert? Zum Glück nicht, denn alle Instinkte des Menschen sind in einem Ausmaß verkümmert, das es erlaubt sich über solche Impulse hinweg zu setzten und sie mit geringem Aufwand zu verdrängen. Auch das ist aus evolutionärer Sicht plausibel, Männer mit den Eigenschaften eines Charismatikers sind für Frauen sexy (auf ihre besondere Weise auch Frauen für Männer). Daher ist es sinnvoll, dass man dem Impuls zu Gehorchen widerstehen kann, um selbst diese Eigenschaften auszubilden. Man kann wegen der Tatsache, dass Parteien mit Charismatikern an der Spitzte überproportional häufig von Frauen gewählt werden, spekulieren, dass solche Impulse bei Männern stärker verkümmert sind als bei Frauen. Das dürfte mit ein Grund dafür sein, dass Männer als rationaler als Frauen gelten.

Noch ein Zweites hilft das die Gesellschaft nicht in von vereinzelten Charismatikern geführte Gruppen zerfällt, gute Umgangsformen. Höflichkeit und die mit ihr verbundenen Tugenden wie Bescheidenheit und das Zurückstellen der eigenen Bedürfnisse verhindert, dass sich die Eigenschaften des Charismatikers entfalten können und das mit bewundernswerter Präzision. Durch Höflichkeit wird vermieden, dass ein Charismatiker sein Missfallen gegenüber abweichendem Verhalten zum Ausdruckbringen kann. Ein Charismatiker kann demgemäß niemals höflich sein. Daher ist es im „Pulp Fiction“-Beispiel sehr treffend, dass sich Vincents Widerstand an der Bitte nach Höflichkeit festmacht. Damit der Mangel an Höflichkeit nicht zu negativen Reaktionen führt, ist es üblich das Charismatiker mit ihrem besonderen Stil oder durch das Erwecken von Sympathie den Mangel überspielen.

In einer Gesellschaft in der der Impuls zur Unterordnung nicht durch gute Umgangsformen gemildert wäre, wurde es unweigerlich zu Spannungen zwischen verschiedenen Charismatikern und ihren Anhängern kommen. Sollten die hier dargestellten Spekulationen zutreffen, dann ist Höflichkeit eine Spontane Ordnung um mit diesem Problem, das in unserem biologischem Erbe verankert ist, fertig zu werden. Die Höflichkeit ermöglicht dem Einzelnen ein größeres Maß an Unabhängigkeit,  ich halte sie daher für eine zutiefst liberale Tugend.

Schocker: Ich geh zur Wahl

September 14, 2009

Die Politik hat alles versucht, um uns davon abzuhalten zur Wahl zu gehen. Das Wählen wurde mit Antipathieträgern in Verbindung gebracht. Sie hat versucht uns mit Nullaussagen zu demotivieren. Und sich in einer Weise präsentiert die von Satire nicht mehr zu unterscheiden ist. Zum Duett äußere ich mich erst gar nicht. Eigentlich sollte man schon aus Trotz gegen diese durchsichtigen Manipulationsversuche wählen gehen, wenn nicht wahre Souveränität auf solche Demonstrationen der Unabhängigkeit verzichten könnte.

Es gibt auch gute Gründe, die gegen das Wählen sprechen. Der eigene Wahlakt hat so wenig Einfluss, dass man auf ihn gleich verzichten könnte. Also geht es bei dem Gang zur Wahl mehr um einen symbolischen Akt. Manche meinen, dass der nur der Selbstüberhöhung dient, aber Tatsache ist, dass man die Gesellschaft nur ändern kann, wenn man sich mit Gleichgesinnten zusammentut und aktiv wird. Der Wahl fernzubleiben ist ein Ausdruck der Resignation, dass sich die Dinge nicht von ihrem vorhersehbaren Lauf abbringen lassen. Für diese Resignation gibt es keinen Anlass, der Etatismus befindet sich in der Krise und die Menschen realisieren das langsam.

Es ist zwar abzusehen, dass die reine libertäre Lehre im politischen Prozess untergeht. Es macht dennoch Sinn sich als Libertärer an ihn zu beteiligen, denn nur so besteht die Möglichkeit das libertäre Ideen in der Öffentlichkeit als realistische Option wahrgenommen werden. Eine Partei ist dann wählbar, wenn sie von Staat okkupierte Funktionen wieder vertraglichen Lösungen zuführen will, ohne dass das durch an Freiheitseinschränkungen anderer Stelle überkompensiert wird. Für die FDP sehe ich diese Schwelle erreicht. Ihr Programm ist meines Erachtens dazu geeignet  Forschung und Bildung wieder auf private Beine zu stellen und auch im Bereich Rechtspflege sehe ich positive Ansätze. Zwar gibt es auch in der FDP starke frauenpolitische Netzwerke, doch scheint man sich in einigen Dingen auch der Bedürfnisse der Männer bewusst zu werden, so spricht sie sich dagegen aus, nichtverheiratete Väter in Sorgerechtsangelegenheiten zu benachteiligen. (aktuelles Wahlprogramm S.35)

Wenn die Dinge weiterhin so laufen, wie sie sich entwickeln, wird eine weiter totalitäre Katastrophe auf uns zukommen. Resignation ist daher keine Alternative.

Edit: Gegenrede zu diesem Standpunkt hält DDH.

Wie Etatismus zu Geschichtsfälschung führt

April 3, 2009

Wir sind es gewohnt, dass Politiker nutzlose und kontraproduktive Maßnahmen ergreifen, um ihre Reputation zu verbessern oder auch nur zu bewahren. Die Rechtfertigung für dieses Tun besteht oft in mehr als zweifelhaften Begründungen. Selten stellt man sich jedoch die Frage, wie sich der Aktionismus vergangener Tage auf unser Geschichtsbild auswirkt. Es gibt einen Fall, in dem politischer Aktionismus zu langanhaltenden Vorurteilen geführt hat, das ist das Ende der Amerikanischen Free Banking Ära.

Im Jahr 1837 zog sich die Bundesregierung aus der Bankregulierung zurück. Worauf hin sich in den Einzelstaaten sehr unterschiedliche gesetzliche Rahmenbedingungen für das Bankwesen geschaffen wurden. Einige Staaten verabschiedeten sogenannte Free Banking Gesetzte, die es fast jedem erlaubten Banken zu gründen, die eigene Noten herausgeben konnten. Der Staaten konnte es sich jedoch nicht nehmen, die Banken zu ihrer Finanzierung nutzbar zu machen. So schrieben sie ihnen üblicherweise vor, welche Sicherheiten sie für ihre Banknoten hinterlegen mussten. Oft waren die Anleihen der Staaten die einzige akzeptierte Sicherheit. Auf diese Weise war das finanzielle Überleben der Banken mit der Bonität einzelner Staaten verknüpft. Als am Vorabend des Sezessionskrieges die Kurse für Anleihe der Grenzstaaten einbrachen, kam es in einer Reihe von Staaten zu einer Vielzahl an Bankzusammenbrüchen. Natürlich wurden solche Ereignisse nicht zum Anlass, die Einschränkungen auf bestimmte Sicherheiten zu hinterfragen, stattdessen machten die Politik und ihre Hofberichterstatter das sogenannte Wildcat Banking verantwortlich, also betrügerische und riskante Geschäftspraktiken. Genauere Untersuchungen haben gezeigt, dass Wildcat Banking kaum nennenswerte Ausmaße erreichte. 1863 wurde ein System zentralstaatlich organisierter Banken geschaffen, das die „freien“ Banken ablöste. (Nachgeholfen wurde mit einer Steuer auf Free Banking Banknoten.)

Der Hoax, Wildcat Banking sei für das Scheitern vieler Finanzsysteme verantwortlich, sollte jedoch weite Kreise ziehen. Bis heute wird die Erfahrung mit der US Free Banking Ära als Beleg herangezogen, dass das Bankgeschäft in sich instabil ist und reguliert werden müsse. Das obwohl diese Belege offenbar ein Produkt der damaligen politischen Auseinandersetzung waren und das obwohl bis heute kein überzeugendes theoretischen Modell vorgelegt werden konnte, das diese Instabilität erklärt. Man kann sich leicht vorstellen, wie ähnliche Vorgänge unsere Vorstellung der Geschichte auch in anderen Fragen verfälschten.

Neulich am Zeitungsstand

Februar 26, 2009

Vor einiger Zeit suchte ich nach Lektüre für eine Bahnfahrt. Als erstes fiel mir eine recht gelungene Karikatur auf dem Cover einer linkslastigen Publikation auf. Ein Zauberer mit Kristallkugel wird gefragt welchen Fachbereich er vertrete, Antwort: Wirtschaftswissenschaften. Neugierig fang ich an zu lesen und höre nach dem ersten Satz schon wieder auf. Er lautete: „Die Finanzkrise wurde nicht vorhergesagt …“. Der Autor des Artikels hat ganz offensichtlich seine Hausaufgaben nicht gemacht, auch wenn die große Masse der Ökonomen die Risiken ignorierten, Warner hat es viele gegeben, wie der Blick in die Literaturliste einiger ef-Artikel zeigt.

Zweiter Versuch Wirtschaftswoche Spezialausgabe Deutschland. In der Mitte des Hefts wird Deutschland im Happy Planet Index eingeordnet. Bei diesem Index handelt es sich nicht um Indikator dafür wie glücklich die Menschen sind, wie das meist dargestellt wird, sondern um einen Maßstab für die ökologische Effizienz. Er gibt das Verhältnis aus zu erwartenden glücklichen Lebensjahren und dem ökologischen Fußabdruck wieder. Das führt dazu das natürlich nicht die reichen und glücklichen Industrienationen den Index anführen, sondern arme und mittelprächtige Inselstaaten. Die Staaten die den Index anführen hinken in der ökonomischen Entwicklung hinterher, denn erst mit dieser ist ein größerer Ressourcenverbrauch überhaupt möglich. Als Modell für andere Staaten können sie nicht herhalten. Daher empfinde ich es Zumutung, wenn dieser Index überhaupt ernsthaft als Vergleichsmaßstab herangezogen wird. Das ist plumpe Manipulation.

Auch zu dem ökologischen Fußabdruck muss einiges gesagt sein. Die Idee ist die ökologischen Kapazitäten die von der Menschheit genutzt werden als Fläche auszudrücken und mit der tatsächlich zur Verfügung stehenden Fläche in Beziehung zu setzen, um einen einheitlichen Maßstab zu Verfügung zu haben. Da die genutzten Flächen aber alle in einer unproblematischen Größenordnung liegen, greift man zu einem Trick: Behauptet der gesamte CO2-Ausstoß (der nicht von den Ozeanen absorbierte wird) müsse von Wäldern aufgenommen werden. Dieser Waldverbrauch macht fast die Hälfte des gesamten Fußabdrucks aus und man kommt so zu dem gewünschten Ergebnis, das die verfügbare Biokapazität überschritten werde.

humanitys ecological footprint

Ein überschreiten dieser Kapazität wird mit einem Abbau an Kapital gleichgesetzt. Das mag für eine Übernutzung von Wäldern angemessen sein, ist jedoch für den Zusammenhang von CO2 und Klimaerwärmung ungeeignet. Der Fußabdruck erhält seine Brisanz also dadurch, dass Äpfel mit Birnen verglichen werden. Nach soviel Desinformation wand ich mich enttäuscht vom Zeitungsstand ab. Es gibt Stellen da kann man sich informieren ohne hereingelegt zu werden.

Manipulative Charaktere – Vier, Der Anwalt

Februar 9, 2009

Neulich hatte ich mit einem Kollegen eine äußerst unerfreuliche Auseinandersetzung. Mein Kollege ist was Essen angeht etwas eigen und kann es z.B. nicht vertragen, wenn jemand Lebensmittel wegwirft. So eröffnete er das Gespräch mit der Theorie, es sei O.K. die Kantine um eine Extraportion zu betrügen, da sie das Essen nachher sowie so wegschmeißen. Dieser Einwurf erntete prompt Widerspruch, es sei für die Betreiber unmöglich so zu planen, dass die Portionen genau aufgehen. Daraufhin entgegnete mein Kollege er sehe nicht die Notwendigkeit etwas wegzuwerfen, da es immer noch jemanden gäbe dem man das Essen schenken könnte. An dieser Stelle verlor ich die Geduld und es entschlüpfte mir ein ‚wo lebst du eigentlich‘. Daraufhin bemühte ich mich das Gespräch schnell abzubrechen, allerdings konnte mein Kollege noch einem ‚wie unsachlich‘ ein ‚Hauptsache dir geht es gut‘ nachschieben.

Interessant an dieser Begegnung finde ich, dass sie etwas Einblick in die Motive der Menschen verschafft, die völlig zweifelbefreit ihrer Position durchzudrücken versuchen. Der Zweck den mein Kollege zu verfolgen scheint, ist das Los der verarmten besser zustellen. Weil seine diesem Ziel dienenden Forderungen offenbar unsinnig sind, kann man davon ausgehen, dass er sich nie darüber Gedanken gemacht hat, was ihm förderlich ist und was nicht. Wenn sein Interesse aber nicht dem Zweck seiner Forderungen gilt, muss es die Forderung, andere sollen ihre Handlungsweisen ändern, selbst sein, was er beabsichtigt. Mit anderen Worten es geht ihm um Macht. Dazu passt, dass er in sein Verhalten häufig Dominanzgesten einfügt.

Sich zum Anwalt fremder Interessen zu machen ist aus zwei Gründen für solche Menschen günstig. Zum ersten kommt es einem Bedürfnis nach Harmonie entgegen, wenn die Gegensätze der Bedürfnisse Einzelner durch ein vermeintlich gemeinsames Ziel verdeckt werden können und ist damit geeignet den Gesprächsparteien Entspannung zu verschaffen. Da es angenehmer ist auf so einer Grundlage zu argumentieren, erlernt man sehr früh gemeinsame Ziele und Altruismus als etwas Erstrebenswertes zu sehen. Zum zweiten gelingt es eine Bitte an die Gesprächspartner heranzutragen ohne der Gefahr ausgesetzt zu sein, das Erwartungen nach Gegenleistungen geweckt werden. Richtet jemand eine Bitte an uns neigen wir dazu dieser nachzukommen, da wir den Bittsteller nicht unnötiger Weise vor den Kopf stoßen wollen, allerdings erwarten wir auch, dass sich man sich bei Gelegenheit bei uns revanchiert. Dem Anwalt gelingt es diese Verhaltensweise dazu zu verwenden, ein Machtgefälle aufzubauen, in dem er Bitten an der Stelle von Menschen vorträgt, die gar nicht anwesend sind. Die Anderen werden sich in aller Regel, schon aus einem Reflex heraus, von ihm beeinflussen lassen, können aber keine an ihn gerichteten Erwartungen aufbauen, da dieser vordergründig nicht der Begünstigte war. Auf diese Weise kann der Anwalt das Spiel beliebig oft wiederholen, ohne gefahrzulaufen die Anderen zu verärgern. In dem Moment, da sich andere nach den Anweisungen des Anwalts richten, ist das Machtgefällt aufgebaut.

Meines Erachtens ist der wesentliche Grund dafür, dass Intellektuelle zu linken Positionen neigen, der, dass diese besonders gut geeignet sind, die Position des Anwalts einzunehmen. Vermutlich wurde der Gutteil linker Positionen zu diesem Zweck entwickelt.

Anmerkung: Dem Leser, der durch die Darlegungen meines Kollegen verwirrt wurde und sich auch nicht durch das Argument zufrieden stellen lässt, dass die Betreibergesellschaft neben ihren eigentlichen Zwecken unmöglich allen Forderungen nachkommen kann, die ihre Kunden an sie richtet, sei Folgendes nahe gelegt. Jedem Sozialhilfeempfänger ist es zuzumuten, sich seine Lebensmittel selbst zu kaufen. In Frankfurt geht man von etwa 300 Obdachlosen aus, der Betreiber verköstigt pro Tag mehrere zehntausend Menschen. Die Schwierigkeit ist es also nicht die Nahrung bereitzustellen, von der gibt es mehr als genug, sondern die Hilfsangebote in einer Weise darzubieten, in der sie auch angenommen werden (niedrigschwelleige Angebote).

Manipulative Charaktere – Drei, Die Mitleidenden

Januar 19, 2009

Gestern wurde in der FAS ein Leserbrief abgedruckt, den ich versuche aus der Erinnerung möglichst gut wieder zu geben. Es ging um Plakate mit dem Aufdruck „Wahrscheinlich gibt es keinen Gott – Genieße Dein Leben“. Der Leser merkte dazu an „Wie liest ein Leidender wohl diese Sprüche an den Bussen in Barcelona und London?“ Ich finde diese Reaktion bemerkenswert. Der Aufruf sein Leben zu genießen wird mit dem Verweis verworfen, dass dies nicht jedem offensteht. Vor Jahren wurde ich mit einer ähnlichen Ausspruch konfrontiert: Auf Kursfahrt meinte eine Klassenkameradin zum Essen im Restaurant, es sei von Albanern geschält worden. Aus beiden Zitaten scheint der gleiche Gedanke zu sprechen nämlich, dass man nicht das Recht hätte glücklich zu sein, solange dieses Glück nicht allen zugänglich sei.

Meines Erachtens ist das ein ungewöhnlich destruktiver Gedanke. Wird doch jeder Anlass glücklich zu sein in einen umgedeutet Schuld zu empfinden. Was einen zu einer trostlosen Existenz verurteilt. Auch erscheint er mir extrem, da eine kleine Minderheit oder Menschen, die sich sehr weit weg befinden, als Maßstab für die Situation der Meisten hier verwendet wird. Möglicherweise handelt es sich, weniger um den Ausdruck einer anspruchsvollen Moral, als um die Rationalisierung der Unfähigkeit sein eigenes Leben zu genießen. Dies führt uns zu der Frage, ob eine Moral verlangen kann, das Wohlbefinden zu vertagen, bis genügend Anstrengungen ausgeübt wurden es allen zu Teil werden zu lassen.

Ein solcher moralischer Anspruch scheitert meiner Meinung nach schon daran, dass man nie Wissen kann worin diese Anstrengungen bestehen sollen. Die Person für deren Wohlbefinden wir am besten sorgen können, sind, wenn man der Logik des Anspruchs überhaupt folgen will, wir selbst. Gegen den Anspruch lässt sich auch fundamentaler argumentieren und die Auffassung erheben, dass er keine Grundlage hat. Nietzsche würde ihn der Sklavenmoral zurechnen, die seiner Genealogie der Moral zu Folge nur die verzerrte Umkehrung einer Herrenmoral ist. Die Herrenmoral sei die ursprünglichere von beiden, weil sie sich aus elementaren menschlichen Erfahrungen ergibt, während die Sklavenmoral ein Produkt Ideologischer Beeinflussung ist.

Wie man es dreht und wendet wahre Solidarität kann nur üben, wer sein Leben im Griff hat, sonst verkommt sie schnell zu einem Surrogat für die eigene Unzulänglichkeit. Jeder hat das Recht überzogene moralische Ansprüche zurückzuweisen.

Manipulative Charaktere – Zwei, Der Panikmacher

Dezember 30, 2008

Diesen Beitrag hatte ich ursprünglich für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen, da es aber gut passt, habe ich ihn vorverlegt.

Informationen aus Bereichen die wir nur oberflächlich kennen, spielen in unserem Leben eine nicht unbedeutende Rolle. Es ist wichtig ein Bild über die ökonomische und ökologische Situation zu haben und es wird erwartet zu politischen Fragen eine fundierte Meinung zu haben. Dazu ist jeder auf Fakten angewiesen, deren Objektivität der Nichtexperte nicht ohne weiteres beurteilen kann. Dieser Umstand ermöglicht dem Panikmacher sein Geschäft. Es handelt sich bei diesem Charakter um eine Person, die von der Bekämpfung oder Erforschung einer bestimmten Gegebenheit lebt und versucht dessen Relevanz aufzubauschen. In geringen Umfang wird ein solches Aufbauschen erwartet und eingepreist, diese Art der Manipulation ist lässlich, daher sollte man von einem Panikmacher im eigentlichen Sinn nur sprechen, wenn er eine Strategie verwendet, die diese Abwehrmechanismen umgeht. Warum das einen qualitativen Unterschied macht, sollte am Ende meiner Erörterung deutlich geworden sein.

Um ein kritisches Hinterfragen der Objektivität und Expertise des Panikmachers zu verhindern, ist es notwendig das betreffende Thema mit starken Gefühlen zu verbinden: Aus der Interessensvertretung arbeitender Frauen (Gleichstellungsbeauftragte) werden Kämpferinnen, pardon KämpferInnen gegen die patriarchale Unterdrückung (Mitleid); Aus deindustrialisierten Landwirten die Avantgarde für ein Leben im Einklang mit der Natur (Harmonie). Gelingt dies wird das Thema nichtmehr von Sachfragen bestimmt, Stellungnahmen hier sind zu einer Frage der Moral geworden. Abweichende Meinungen sind nichtmehr auf andere Bewertungen oder Wissensstände zurückzuführen, sondern auf Bösartigkeit. Wer es wagt dem Feminismus zu widersprechen muss ein vorgestriger Chauvinist oder gar Frauenhasser sein, wer gegen Ökolandbau ist, ein rücksichtsloser Materialist. Karl Popper nennt Gedanken, deren Leugnen als verwerflich angesehen wird, verstärkte Dogmen. Positionen die auf verstärkten Dogmen beruhen haben sich gegen Kritik immunisiert.

Typischerweise wird von Panikmachern eine Ansammlung von Fakten zu einer zusammenhängenden Ideologie, mit Wertungen und weiteren Immunisierungen, ausgebaut. Beliebt ist es beispielsweise dem Weltbild entgegenstehende Informationen auf Interessen zurückzuführen. (Studie von der Industrie bezahlt, Kritiker steht den Rechten ideologisch nahe, usw.) Meist wird hierbei sowohl übersehen, dass dies nicht ausreicht um Informationen zu verwerfen, als auch dass die Zusammenstellung, der das Weltbild stützenden Informationen nicht weniger durch Interessen beeinflusst wurde. Die Akzeptanz verstärkten Dogmen wird als Vorbedingung für Gespräche eingefordert: Feministen etwa erwarten von einer gesprächsfähigen Person, dass sie die Strukturelle Unterdrückung der Frau, anerkennt. Strukturell meint, dass die Unterdrückung den Unterdrückten gar nicht bewusst ist, sondern erst durch linke Ide…, Ähm Theorie sichtbar wird.

Verstärkte Dogmen muten pathologisch an, so wird man jeden Verdacht zurückweisen, dass derartiges allgemein akzeptiert wird. Doch genau das ist der Fall. Die Feministen konnten das Schema „Frauen sind benachteiligt“ als Dogma etablieren, die Demokraten „Mehrheitsentscheidungen können Recht setzen“ und Ökologisten „Der Klimawandel kann und muss verhindert werden“.

Die Folgen sind verheerend: In dem Maß in dem sich verstärkte Dogmen ansammeln wird das gesellschaftliche Klima vergiftet, persönliche und verleumderische Attacken gegen politische Gegner gelten als legitim, intellektuelle Redlichkeit gilt nichts mehr. Da Probleme nicht mehr sachlich diskutiert werden können, leidet die Fähigkeit der Gesellschaft angemessene Lösungen zu finden. Zudem verläuft die mediale Aufmerksamkeit in absurden Bahnen, Probleme die eigentlich zu vernachlässigen sind, etwa die Benachteiligungen von Frauen oder Rechtsextremismus verdrängen relevantere Themen (daher die Bezeichnung Panikmacher).

Da sich jeder, der eine Information weiterreicht, dazu angehalten fühlt diese im Sinne der Panikmacher zu verzerren und eine Nachricht sehr viele Stationen durchläuft, sammeln sich in der veröffentlichen Nachricht solche Verzerrungen viel stärker an als man naiver Weise schätzen würde. Diese extreme Verzerrungen fallen auf, auch wenn die Meisten nicht in der Lage sind den Finger in die Wunde zu legen und genau benennen können warum eine Nachricht nicht in der präsentierten Form stimmen kann. Auf diese Weise wird die Glaubwürdigkeit der Medien beschädigt. So wie die Glaubwürdigkeit der Politik bereits zerstört ist und die der Wissenschaft bedroht ist. Vermutlich werden die Probleme andauern bis in einem dramatischen Prozess die Eliten ausgetauscht werden. Dann sind Politik und Gesellschaft eine Zeit lang überdurchschnittlich leistungsfähig bis sich erneut verstärkte Dogmen ansammeln, diesmal vielleicht die einer anderer Weltanschauungen. Eine dauerhafte Lösung ist schwierig zu finden, denn schon im Mittelalter verwendete die Kirche Dogmen, um sich Ressourcen zu sichern. Vermutlich bleibt das Problem bestehen solange es einheitliche intellektuelle Eliten gibt. Bis eine Lösung gefunden wurde ist es ratsam zu verhindern selbst Dogmen zu internalisieren, denn ohne Brett vor dem Kopf lassen sich persönliche Probleme besser lösen und man muss auch nicht an eingebildeten Sorgen verzweifeln.

Damit dies gelingen kann, ist es eine Voraussetzung sich nicht an den Hexenjagten zu beteiligen. Es gibt keine Meinung die ein Verbrechen ist. Solide Kenntnisse in Ökonomie und Naturwissenschaften sind äußerst hilfreich. Fähigkeiten, wie man korrekte Argumente von Eristik unterscheiden kann, lassen sich zwar in der Blogosphäre erwerben, mittels Bücher über formale Logik und Rhetorik macht man hier jedoch schnellere Fortschritte. Auch wenn auf gesamtgesellschaftlicher Ebene es gegen Panikmacher keine dauerhafte Verteidigung gibt, so sind die Chancen Einzelner sich von Dogmen frei zu machen sehr gut.

Manipulative Charaktere – Eins, Die Romantikerin

Dezember 2, 2008

Mit die verbreitesten Manipulationen sind die Vorstellung, die die Kultur von der Liebe entwirft. Verbreitet werden sie durch Liebesfilme bis hin zu Ratgebern. Manipulativ sind diese Vorstellungen, weil sie zum einen dazu dienen, unsere Ängste zu rationalisieren, andererseits geben sie vor allem Frauen Rechtfertigungen für dreiste Forderungen und Verhaltensweisen. Obwohl die meisten Menschen die romantischen Vorstellungen als naiv abtun, gilt es als unhöflich sie in aller Schärfe zu kritisieren. Einige Beipiele:

‚Die Liebe ist das wichtigste im Leben‘ – Natürlich trägt eine intime Beziehung ungemein zur Lebenszufriedenheit bei, diesen Satz jedoch ernst zu nehmen würde bedeuten alle jenen, die aus verschiedenen Gründen keinen Partner finden, zum Unglück zu verurteilen. Die Verzweiflung, mit der einige Singles ihre Suche nach Liebe betreiben, ist ein Ergebnis dieser Vorstellung. Völlig unglaubwürdig wird sie, wenn man gelernt hat Shit-Test zu erkennen oder Gelegenheit hatte zu beobachten, wie sich wirtschaftliche Durststrecken auf das Bindungsverhalten von Frauen auswirken. Nach solchen Erfahrungen fragt mann sich, ob es nicht entspanntere Wege zum Glück gibt.

‚Es gibt den Richtigen‘ – Dieser Satz impliziert, dass das Scheitern in der Liebe nicht auf eigene Unzulänglichkeiten zurückzuführen ist, sondern auf eine Art Inkompatibilität. Jemand der dies zu ernst nimmt, wird um die Möglichkeit betrogen durch Arbeit am eigenen Charakter überhaupt erst die Fähigkeit zu erlangen eine erfüllende Beziehung zu führen, unabhängig davon ob man in einer Beziehung ist oder eine sucht. (Dieser Satz darf keinen Falls als Aufforderung verstanden werden sich dem Partner anzupassen.) Man sollte sich nicht darüber hinwegtäuschen, dass es einfacher ist sich selbst zu ändern als Andere.

Ein zweites ist in der Vorstellung angelegt, die Auffassung das wahre Liebe, hat sie sich einmal entfaltet, mehr oder statisch ist; Liebe ist quasi die Konsequenz zweier kompatibler Charaktere und nicht die eines bestimmten Verhaltens. Diese Auffassung führt etwa dazu, dass jemandem, der eine Beziehung einmal angezweifelt hat, vorgeworfen wird niemals wirklich geliebt zu haben oder zu der eitlen Hoffnung, dass die gegenseitigen Gefühle nicht enden werden. In Wirklichkeit ist diese Art von Gefühlen sogar äußerst dynamisch, verhält sich der Partner nicht mehr auf eine Art und Weise, die die Anziehung begründet, verfliegen sie. Hat es ein Mann geschafft eine Frau zu verführen, muss er diese Verführung solange fortsetzen, wie er Interesse an ihr hat.

‚Eifersucht ist proportional zur Intensität der Liebe‘- Eifersucht wird als Liebesbeweis gesehen, fehlende Eifersucht als Indiz führ die Abwesenheit tiefer Gefühle. Tatsächlich ist Eifersucht nicht anderes als Verlustangst und das Gefühl nicht genügend wert für den Partner zu sein. Äußerst unattraktive Eigenschaften, also ist es ratsam die eigene Eifersucht nicht zu zeigen, nicht auszuleben und nach Möglichkeit zu überwinden. Frauen versuchen häufig Männer eifersüchtig zu machen, um sich sicher zu sein diese gebunden zu haben. Stellt sie fest das sie ihn nicht ausreichend gebunden hat ist das zwar frustrierend für sie, sie wird aber mehr in die Beziehung investieren. Daher wird sie, um sich die Frustration zu ersparen, den Mann ermutigen seine Eifersucht offen zu zeigen, der Ursprung der Vorstellung Eifersucht sei gesund.

Die Liste lässt sich noch und noch verlänger, wer sich vor dem Romantizismus schützen will, dem empfehle ich sich in Pick-Up einzulesen. Man tut der Liebe unrecht, wenn man versucht sie zu einem Ideal zu überhöhen, dem sie nicht entsprechen kann. Überzogene Erwartungen sind der sicherste Weg zur Enttäuschung. Baut man seinen Lebensplan auf solche Ideale und Erwartungen, kann die folgende Enttäuschung existenzvernichtend sein.