Archive for Dezember 2008

Manipulative Charaktere – Zwei, Der Panikmacher

Dezember 30, 2008

Diesen Beitrag hatte ich ursprünglich für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen, da es aber gut passt, habe ich ihn vorverlegt.

Informationen aus Bereichen die wir nur oberflächlich kennen, spielen in unserem Leben eine nicht unbedeutende Rolle. Es ist wichtig ein Bild über die ökonomische und ökologische Situation zu haben und es wird erwartet zu politischen Fragen eine fundierte Meinung zu haben. Dazu ist jeder auf Fakten angewiesen, deren Objektivität der Nichtexperte nicht ohne weiteres beurteilen kann. Dieser Umstand ermöglicht dem Panikmacher sein Geschäft. Es handelt sich bei diesem Charakter um eine Person, die von der Bekämpfung oder Erforschung einer bestimmten Gegebenheit lebt und versucht dessen Relevanz aufzubauschen. In geringen Umfang wird ein solches Aufbauschen erwartet und eingepreist, diese Art der Manipulation ist lässlich, daher sollte man von einem Panikmacher im eigentlichen Sinn nur sprechen, wenn er eine Strategie verwendet, die diese Abwehrmechanismen umgeht. Warum das einen qualitativen Unterschied macht, sollte am Ende meiner Erörterung deutlich geworden sein.

Um ein kritisches Hinterfragen der Objektivität und Expertise des Panikmachers zu verhindern, ist es notwendig das betreffende Thema mit starken Gefühlen zu verbinden: Aus der Interessensvertretung arbeitender Frauen (Gleichstellungsbeauftragte) werden Kämpferinnen, pardon KämpferInnen gegen die patriarchale Unterdrückung (Mitleid); Aus deindustrialisierten Landwirten die Avantgarde für ein Leben im Einklang mit der Natur (Harmonie). Gelingt dies wird das Thema nichtmehr von Sachfragen bestimmt, Stellungnahmen hier sind zu einer Frage der Moral geworden. Abweichende Meinungen sind nichtmehr auf andere Bewertungen oder Wissensstände zurückzuführen, sondern auf Bösartigkeit. Wer es wagt dem Feminismus zu widersprechen muss ein vorgestriger Chauvinist oder gar Frauenhasser sein, wer gegen Ökolandbau ist, ein rücksichtsloser Materialist. Karl Popper nennt Gedanken, deren Leugnen als verwerflich angesehen wird, verstärkte Dogmen. Positionen die auf verstärkten Dogmen beruhen haben sich gegen Kritik immunisiert.

Typischerweise wird von Panikmachern eine Ansammlung von Fakten zu einer zusammenhängenden Ideologie, mit Wertungen und weiteren Immunisierungen, ausgebaut. Beliebt ist es beispielsweise dem Weltbild entgegenstehende Informationen auf Interessen zurückzuführen. (Studie von der Industrie bezahlt, Kritiker steht den Rechten ideologisch nahe, usw.) Meist wird hierbei sowohl übersehen, dass dies nicht ausreicht um Informationen zu verwerfen, als auch dass die Zusammenstellung, der das Weltbild stützenden Informationen nicht weniger durch Interessen beeinflusst wurde. Die Akzeptanz verstärkten Dogmen wird als Vorbedingung für Gespräche eingefordert: Feministen etwa erwarten von einer gesprächsfähigen Person, dass sie die Strukturelle Unterdrückung der Frau, anerkennt. Strukturell meint, dass die Unterdrückung den Unterdrückten gar nicht bewusst ist, sondern erst durch linke Ide…, Ähm Theorie sichtbar wird.

Verstärkte Dogmen muten pathologisch an, so wird man jeden Verdacht zurückweisen, dass derartiges allgemein akzeptiert wird. Doch genau das ist der Fall. Die Feministen konnten das Schema „Frauen sind benachteiligt“ als Dogma etablieren, die Demokraten „Mehrheitsentscheidungen können Recht setzen“ und Ökologisten „Der Klimawandel kann und muss verhindert werden“.

Die Folgen sind verheerend: In dem Maß in dem sich verstärkte Dogmen ansammeln wird das gesellschaftliche Klima vergiftet, persönliche und verleumderische Attacken gegen politische Gegner gelten als legitim, intellektuelle Redlichkeit gilt nichts mehr. Da Probleme nicht mehr sachlich diskutiert werden können, leidet die Fähigkeit der Gesellschaft angemessene Lösungen zu finden. Zudem verläuft die mediale Aufmerksamkeit in absurden Bahnen, Probleme die eigentlich zu vernachlässigen sind, etwa die Benachteiligungen von Frauen oder Rechtsextremismus verdrängen relevantere Themen (daher die Bezeichnung Panikmacher).

Da sich jeder, der eine Information weiterreicht, dazu angehalten fühlt diese im Sinne der Panikmacher zu verzerren und eine Nachricht sehr viele Stationen durchläuft, sammeln sich in der veröffentlichen Nachricht solche Verzerrungen viel stärker an als man naiver Weise schätzen würde. Diese extreme Verzerrungen fallen auf, auch wenn die Meisten nicht in der Lage sind den Finger in die Wunde zu legen und genau benennen können warum eine Nachricht nicht in der präsentierten Form stimmen kann. Auf diese Weise wird die Glaubwürdigkeit der Medien beschädigt. So wie die Glaubwürdigkeit der Politik bereits zerstört ist und die der Wissenschaft bedroht ist. Vermutlich werden die Probleme andauern bis in einem dramatischen Prozess die Eliten ausgetauscht werden. Dann sind Politik und Gesellschaft eine Zeit lang überdurchschnittlich leistungsfähig bis sich erneut verstärkte Dogmen ansammeln, diesmal vielleicht die einer anderer Weltanschauungen. Eine dauerhafte Lösung ist schwierig zu finden, denn schon im Mittelalter verwendete die Kirche Dogmen, um sich Ressourcen zu sichern. Vermutlich bleibt das Problem bestehen solange es einheitliche intellektuelle Eliten gibt. Bis eine Lösung gefunden wurde ist es ratsam zu verhindern selbst Dogmen zu internalisieren, denn ohne Brett vor dem Kopf lassen sich persönliche Probleme besser lösen und man muss auch nicht an eingebildeten Sorgen verzweifeln.

Damit dies gelingen kann, ist es eine Voraussetzung sich nicht an den Hexenjagten zu beteiligen. Es gibt keine Meinung die ein Verbrechen ist. Solide Kenntnisse in Ökonomie und Naturwissenschaften sind äußerst hilfreich. Fähigkeiten, wie man korrekte Argumente von Eristik unterscheiden kann, lassen sich zwar in der Blogosphäre erwerben, mittels Bücher über formale Logik und Rhetorik macht man hier jedoch schnellere Fortschritte. Auch wenn auf gesamtgesellschaftlicher Ebene es gegen Panikmacher keine dauerhafte Verteidigung gibt, so sind die Chancen Einzelner sich von Dogmen frei zu machen sehr gut.

Manipulative Charaktere – Eins, Die Romantikerin

Dezember 2, 2008

Mit die verbreitesten Manipulationen sind die Vorstellung, die die Kultur von der Liebe entwirft. Verbreitet werden sie durch Liebesfilme bis hin zu Ratgebern. Manipulativ sind diese Vorstellungen, weil sie zum einen dazu dienen, unsere Ängste zu rationalisieren, andererseits geben sie vor allem Frauen Rechtfertigungen für dreiste Forderungen und Verhaltensweisen. Obwohl die meisten Menschen die romantischen Vorstellungen als naiv abtun, gilt es als unhöflich sie in aller Schärfe zu kritisieren. Einige Beipiele:

‚Die Liebe ist das wichtigste im Leben‘ – Natürlich trägt eine intime Beziehung ungemein zur Lebenszufriedenheit bei, diesen Satz jedoch ernst zu nehmen würde bedeuten alle jenen, die aus verschiedenen Gründen keinen Partner finden, zum Unglück zu verurteilen. Die Verzweiflung, mit der einige Singles ihre Suche nach Liebe betreiben, ist ein Ergebnis dieser Vorstellung. Völlig unglaubwürdig wird sie, wenn man gelernt hat Shit-Test zu erkennen oder Gelegenheit hatte zu beobachten, wie sich wirtschaftliche Durststrecken auf das Bindungsverhalten von Frauen auswirken. Nach solchen Erfahrungen fragt mann sich, ob es nicht entspanntere Wege zum Glück gibt.

‚Es gibt den Richtigen‘ – Dieser Satz impliziert, dass das Scheitern in der Liebe nicht auf eigene Unzulänglichkeiten zurückzuführen ist, sondern auf eine Art Inkompatibilität. Jemand der dies zu ernst nimmt, wird um die Möglichkeit betrogen durch Arbeit am eigenen Charakter überhaupt erst die Fähigkeit zu erlangen eine erfüllende Beziehung zu führen, unabhängig davon ob man in einer Beziehung ist oder eine sucht. (Dieser Satz darf keinen Falls als Aufforderung verstanden werden sich dem Partner anzupassen.) Man sollte sich nicht darüber hinwegtäuschen, dass es einfacher ist sich selbst zu ändern als Andere.

Ein zweites ist in der Vorstellung angelegt, die Auffassung das wahre Liebe, hat sie sich einmal entfaltet, mehr oder statisch ist; Liebe ist quasi die Konsequenz zweier kompatibler Charaktere und nicht die eines bestimmten Verhaltens. Diese Auffassung führt etwa dazu, dass jemandem, der eine Beziehung einmal angezweifelt hat, vorgeworfen wird niemals wirklich geliebt zu haben oder zu der eitlen Hoffnung, dass die gegenseitigen Gefühle nicht enden werden. In Wirklichkeit ist diese Art von Gefühlen sogar äußerst dynamisch, verhält sich der Partner nicht mehr auf eine Art und Weise, die die Anziehung begründet, verfliegen sie. Hat es ein Mann geschafft eine Frau zu verführen, muss er diese Verführung solange fortsetzen, wie er Interesse an ihr hat.

‚Eifersucht ist proportional zur Intensität der Liebe‘- Eifersucht wird als Liebesbeweis gesehen, fehlende Eifersucht als Indiz führ die Abwesenheit tiefer Gefühle. Tatsächlich ist Eifersucht nicht anderes als Verlustangst und das Gefühl nicht genügend wert für den Partner zu sein. Äußerst unattraktive Eigenschaften, also ist es ratsam die eigene Eifersucht nicht zu zeigen, nicht auszuleben und nach Möglichkeit zu überwinden. Frauen versuchen häufig Männer eifersüchtig zu machen, um sich sicher zu sein diese gebunden zu haben. Stellt sie fest das sie ihn nicht ausreichend gebunden hat ist das zwar frustrierend für sie, sie wird aber mehr in die Beziehung investieren. Daher wird sie, um sich die Frustration zu ersparen, den Mann ermutigen seine Eifersucht offen zu zeigen, der Ursprung der Vorstellung Eifersucht sei gesund.

Die Liste lässt sich noch und noch verlänger, wer sich vor dem Romantizismus schützen will, dem empfehle ich sich in Pick-Up einzulesen. Man tut der Liebe unrecht, wenn man versucht sie zu einem Ideal zu überhöhen, dem sie nicht entsprechen kann. Überzogene Erwartungen sind der sicherste Weg zur Enttäuschung. Baut man seinen Lebensplan auf solche Ideale und Erwartungen, kann die folgende Enttäuschung existenzvernichtend sein.

Über den Zusammenhang von Maskulismus und Libertarismus

Dezember 1, 2008

Über ‚Die Söhne von Perseus‘ bin ich auf einen Text aufmerksam geworden, der die Verbindung von Maskulismus und Libertarismus thematisiert, gestoßen. Der Autor verneint die Frage, ob es eine Schnittmenge zwischen den Zielen beider Ideologien gebe. Es sei „vollkommen irrelevant welches Geschlecht nun mehr unter diesem System zu leiden hat“. Ich teile diese Ansicht nicht, es gibt zwischen Maskulismus und Libertarismus zahlreiche personale und inhaltliche Parallelen.

Die personalen Parallelen bestehen in dem Umstand, dass überdurchschnittlich viele Libertäre Maskulisten sind und vermutlich auch umgekehrt und dass die meisten Libertären und Maskulisten zumindest von der jeweiligen anderen Position Kenntnis haben, was ansonsten eher die Ausnahme ist. Meines Erachtens lässt sich dieser Umstand auf einen ähnlichen Charakter und ähnliche Biographie der Anhänger beider Anschauungen zurückführen. Beide neigen dazu nonkonformistische Ansichten in Erwägung zuziehen, bringen die Fähigkeit mit in verschiedenen Vorkommnissen Zusammenhänge zu entdecken und sind bereit aus diesen Konsequenzen zu ziehen. Viele Maskulisten sind auf Grund einer Lebenskrise mit maskulistischen Ideen in Berührung gekommen. Ich vermute aus meinen Erfahrungen heraus das Libertäre dazu neigen in diese Art von Krisen zu geraten.

Inhaltliche Parallelen verdanken sich zunächst dem wechselseitigen Verhältnis von Theorie und Empirie: Die Missstände, die der Maskulismus entdeckt und anprangert, entsprechen genau denen, die ein Libertärer in einem Staatwesen wie dem unsrigen erwartet: Interessensgruppen gelingt es den Staat ideologisch zu beeinflussen, so dass dieser zum einen die Ideologie fördert und vor Kritik schützt, zum anderen der Interessensgruppe auf Kosten von anderen Vorteile gewährt. Die Geschichte des Feminismus ist eine hervorragende Demonstration der Etatismustheorie. Bekämpft der Libertarismus alle Arten von Kollektivismus mit axiomatisch-prinzipiellen Ansätzen, bekämpft der Maskulismus die von Politik und Feminismus konstruierten Geschlechtsbilder mittels empirischer Faktenberge. Daher ist es für einen Libertären oder Maskulisten äußerst nützlich die Ideen und Entdeckungen des anderen zu kennen. Neben den Parallelen die die Realitätsbeschreibung beider Bewegungen berühren finden sich auch welche auf der Ebene der Ideale: Für beide Ideen spielt die Eigenverantwortung eine zentrale Rolle: im Libertarismus hat der Einzelne allumfassende Eigenverantwortung, der Maskulimus ist die Gegenbewegung zu den Versuchen Frauen aus jeder Art von Eigenverantwortung zu entheben.

An dieser Stelle schließe ich den Überblick ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Es sollte deutlich geworden sein, dass Maskulismus und Libertarismus so viele Berührungspunkte aufweisen, dass es sich lohnt darüber zu spekulieren, ob beides nur verschiedene Aspekte einer Seite einer tieferen Polarität sind. Zuletzt eine Wahrung: die Parallelen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass man für ein Bekenntnis zum Maskulismus oder Libertarismus eine große innere Hürde, die Aufgabe gewohnter Denkmuster und Wertvorstellungen, überwinden muss, sodass die meisten Anhänger einer der beiden Ideen der jeweils anderen eher skeptisch bis feindselig gegenüber stehen.