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Congratulations, Mr Trump

November 11, 2016

In der Regel ist die Wahl des amerikanischen Präsidenten ein Nicht-Ereignis. Werden im Wahlkampf, die noch die Unterschiede beton, zeichnet sich die Amtsführung durch eine Konstanz zwischen den einzelnen Amtsinhaber aus, die es kaum ermöglich zwischen ihnen zu differenzieren. Kaum ein Präsident dürfte das deutlich gemacht haben wie Barak Obama. Ich erwarte auch unter einem Präsidenten Trump business as usual. Dennoch erfüllt mich die Wahl Trumps mit einer gewissen Genugtuung.

Um es von Anfang an klar zu stellen: Trump ist für mich unwählbar. Zwar kann man mit einiger Zuversicht hoffen, dass seine Pläne eine Mauer nach Mexiko bauen zu lassen und ein Einreiseverbot für Muslime zu verhängen, dem Wahlkampf geschuldet waren und nie wirklich seinen Absichten entsprachen, jedoch haben diese Manöver gezeigt, dass Trump bereit ist sich über das Gebot des Anstandes hinwegzusetzten, wann immer er sich davon einen Vorteil verspricht.

Die Gegenkandidatin Clinton ist allerdings moralisch genau so wenig für das Amt geeignet. Ihre Verfehlungen in der eMail-Affäre erfüllen offenbar mehrere Straftatbestände. Darüber hinaus ist sie von einer an Menschenverachtung grenzende Empathielosigkeit geprägt.

Trump dürfte seinen Wahlsieg vor allem zwei Dingen verdanken. Die Unbeliebtheit seiner Gegenkandidatin und Obamacare. Allen muss klar gewesen sein, dass Clinton die Regierung „weiter so“ geführt hätte wie es die Vorgängerregierungen taten. Die amerikanischen Wähler tolerieren das immer weniger. Schon Obama wurde vor allem deswegen gewählt, weil er sich als Gegner des Establishments ausgeben konnte. Dadurch dass Trump von der meisten Medien angefeindet wurde und durch seinen Bruch mit der Political Correctness, war Trump als Gegner des Establishments deutlich glaubwürdiger als Obama.

Die meisten Europäer halten Obamacare für einen lange überfälligen Schritt, der vielen Amerikanern Zugang zu Leistungen ermöglicht, die in Europa für selbstverständlich gelten. In den USA hingegen ist ObamaCare extrem unpopulär. Für den Großteil der Amerikaner haben sich die Gesundheitskosten stark erhöht. Leistungen die zuvor die Arbeitgeber getragen haben müssen die Arbeitnehmer nun selbst stemmen. Eine große Mehrheit fordern daher Anpassungen oder die Rücknahme der Reform. Auch hier wurde von Trump erwartet, dass er eher im Sinne der Wähler agiert als es Clinton tun würde.

Beide Punkte verdeutlichen: den Wahlsieg verdankt Trump mehr den Umständen denn der eigenen Persönlichkeit. Vermutliche hätten jede der beiden Parteien haushoch gewonnen, wenn sie als Kandidaten einen Besenstiel aufgestellt hätten. Ein Besenstiel hätte auch den Vorzug, dass man ihm abnimmt nicht Teil der politischen Eliten zu sein, ohne dass er zuvor Minderheiten beleidigen muss.

Alles im einen erwarte ich von Trump nicht viel. In seinem protektionistischen Glauben sehe ich sogar eine ernsthafte Gefahr. Meine Genugtuung speist sich daraus das die Waffen der politischen Empörung stumpf geworden sind. In den letzten Jahren gelang es durch die Sexismus- bzw. Rassismuskeule quasi beliebige Personen aus ihren Öffentlichen Ämtern vertreiben. Dass das Establishment alles getan hat um Trump zu verhindern lag vor allem daran, dass kein Präzedenzfall geschaffen werden durfte, in dem ein Amtsträger oder Anwärter den Sexismusvorwuft überlebt. Dass es nicht gelungen ist Trump zu verhindern, zeigt wie weit die Legitimationskrise von Politik und Medien bereits fortgeschritten ist.

Was die Förderung der Elektromobilität über unsere politischen Eliten aussagt – Teil 1

Oktober 20, 2016

Überraschend hat der Bundesrat in seiner Sitzung vom 23. September die EU dazu aufgefordert, mittels dem Einsatz von Abgaben und steuerrechtlichen Instrumenten zu erwirken, dass spätestens ab 2030 nur noch emissionsfreie PKW zugelassen werden. Die Nachricht wurde in den meisten Medien nur als Randnotiz behandelt. Allerdings steht sie wie keine andere für den intellektuellen Niedergang unserer politischen Eliten.

Mit emissionsfreien PKW sind natürlich Elektroautos gemeint. Diese sind zwar nicht emissionsfrei, da CO2-Emissionen entstehen, wenn elektrische Energie, mit der sie geladen werden, bereitgestellt wird. Auch die zum Kriechgang verkommene Energiewende wird daran auf absehbare Zeit nichts ändern. Der bisher erfolge Ausbau hat in erster Linie dazu geführt, dass effiziente Grundlast- bzw. Gaskraftwerke weniger elektrische Energie bereitstellen und Braunkohlekraftwerke dementsprechend mehr, sodass der CO2-Ausstoß nicht gesunken ist. Dennoch erfreut sich die Förderung der Elektromobilität bei unseren Politikern großer Beliebtheit.

Die Logik ist auf den ersten Blick bestechend: Da der Anteil erneuerbarer Energien 2015 bei der Bereitstellung elektrischer Energie über 30% betrug, waren es im Bereich Verkehr weniger als 6%. Daher wäre es naheliegend mehr elektrische Energie im Verkehr einzusetzen um den Anteil erneuerbarer Energie am Gesamtenergieverbrauch zu steigern. Aus diesem Kalkül heraus hat sich die Politik auf die Idee fixiert, Benziner und Dieselfahrzeuge vollständig durch elektrische zu ersetzen.

Das Problem dieser Strategie ist, dass Elektroautos noch weit davon entfernt sind einen Ersatz für Verbrenner darzustellen. Trotz Subventionen machen sie bei den Neuzulassungen unter 1% aus. Die Gründe für schlechte  Akzeptanz der Elektroautos sind vor allem höhere Kosten, niedrige Reichweite und die umständliche Handhabung im Vergleich zu Verbrennern.

Die Gründe für diese Nachteile sind in der deutlich weniger effizienten Speicherung der elektrischen Energie zu suchen. Die bisher effizienteste Technik dafür sind die Lithium-Ionen-Akkumulatoren. Im Mobilitätsbereich werden dabei Batterien mit einer Energiedichte von 160 bis 180 Wh/kg eingesetzt 300 Wh/kg gelten als Obergrenze. Zum Vergleich Benzin hat eine Energiedichte von 8760 Wh / l. Die Energiedichte muss dabei gegen andere Faktoren wie Sicherheit, Leistungsdichte und Lebensdauer abgewogen werden, so dass die eingesetzte Technologie immer ein Kompromiss darstellt. Gleichzeitig bewegt sich die Akkumulatorentechnik dicht an den physikalischen Limits, so dass nicht mehr mit gravierenden Verbesserungen zu rechnen.

Die Folge der niedrigeren Energiedichte ist, dass ein Elektroauto das das gleiche leisten soll wie ein Verbrenner mit deutlich mehr Gewicht unterwegs ist. In der Praxis verzichtet man auf Reichweite und limitiert das Gewicht der Batterien auf einige hundert Kilogramm. Das Fahrzeug wird durch die Batterien nicht nur schwerer, wodurch der Verbrauch steigt, das Volumen der Batterien schränkt die Größe der Fahrgastzelle und/oder des Kofferraums ein. Die Kosten für die Batterien sind es auch, die Elektroautos gegenüber Verbrennern deutlich teurer machen.

Besser hat sich die Wirtschaftlichkeit entwickelt. Die Preise für Akkumulatoren sind schneller gesunken als erwartet und werden auf 190 Euro pro kWh geschätzt. Aufgrund der hohen Besteuerung von Benzin sind Elektroautos im laufenden Betrieb günstiger. Elektroautos benötigen typischer Weise 20 kWh / 100 km. Bei einem Stromprei von 25 cent pro kWh ergibt, dass Kosten von 5 Euro pro 100 km. Wenn man bei einem Verbrenner von einem Verbrauch von 6 l / 100 km ausgeht, kommt man auf Kosten von 6 bis 7 Euro. (Für diejenigen die mit Autogas fahren gilt das nicht, Autogas ist günstiger als Strom.) Daher ist denkbar, dass in den kommenden Jahren Elektroautos so günstig werden, dass sie bei den Kosten über den gesamten Lebenszyklus die Verbrenner schlagen. Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit von Elektroautos ist die Lebensdauer der Batterien. Sollte diese deutlich kürzer sein, als die Lebensdauer des Autos würde das Elektroautos wieder unwirtschaftlich machen.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass Elektroautos ähnlich günstig wie Verbrenner werden, ist absehbar, dass sich ein Großteil der Autofahrer gegen das Elektroauto entscheidet, weil es nicht die gleiche Flexibilität wie ein Verbrenner bietet. Die Kombination von kurzen Reichweiten und lange Ladenzeiten von mehreren Stunden macht das Elektroauto für mehr als nur kurze Stecken unbrauchbar.

Angesichts dieser Faktoren ist also davon auszugehen, dass mit sinkenden Kosten der Anteil der Elektoautos weiter steigen wird. Es ist jedoch fraglich ob Elektromobilität mehr als nur eine paar Nischen besetzten kann oder gar von der Mehrheit der Autofahrer adaptiert wird, geschweige denn Benziner komplett verdrängen kann.

Im Zweiten Teil werde ich die gesellschaftlichen Auswirkungen der Elektromobilität und im Dritten die Rolle der Politik in diesem Thema diskutieren.

Zypern: Der große Zock

März 19, 2013

Die Art wie mit Zypern umgegangen wird ist schwer nachzuvollziehen. Es wirkt fast so, als ob hier versucht wird bewusst einen möglichst hohen Schaden zu verursachen. Im Politiksprech werden nun die Inhaber von Bankeinlagen „an der Rettung des Banksystems beteiligt“, also enteignet. Man muss sich die langfristigen Schäden vor Augen halten, die das mit sich bringt: Um dem Risiko möglicher Enteignung zu entgehen, werden die Untertanen Europas versuchen ihr Vermögen so zu gestalten, dass es dem Zugriff des Staates möglichst gut entzogen ist. Es zum Beispiel im Ausland anlegen oder in anonymen Anlageformen wie Bitcoin oder Gold. Wenn die Kosten dafür zu teuer sind, werden sie vermutlich ihre Sparanstrengungen vermindern. Insbesondere erwarte ich, dass wieder verstärkt Kapital aus den Krisenstaaten abfließt und ihre Erholung damit in noch weitere Ferne rückt. Dies dürfte man an den Traget-Salden der nächsten Monate ablesen können.

Auch kurzfristig war der Plan extrem riskant, nicht nur stößt er auf so starken Wiederstand, dass er droht komplett zu scheitern. Er hätte auch dazu führen können, dass die Untertanen anderer Krisenstaaten ihre Einlagen in Sicherheit bringen und hätte damit einen großflächigen Zusammenbruch von Banken ausgelöst. Weltweit sanken die Aktienmärke aus Furcht vor diesem Ereignis und erholten sich teilweise, nachdem sich abzeichnet, dass es ausbleibt.

Schwerer dürfte der politische Schaden sein. Ohne Not wurde die vertragsgemäße Verteilung der Risiken durchbrochen: Die Gläubiger der Banken müssen Verluste tragen, die Eigentümer nicht. Die Verluste treffen also diejenigen, die die Risiken weder kennen, noch beeinflussen können. Für den Kunden einer solide wirtschaftenden Bank ist das besonders bitter, da er zur Haftung für Risiken herangezogen wird, mit denen er nichts zu tun hat und die er vielleicht sogar bewusst vermieden hat. Das ist die besondere Willkür dieser Enteignungen. Wer spart und klug investiert wird bestraft, wer sein Geld verprasst oder verspekuliert kommt davon. Die politische Klasse hat wieder einmal gezeigt, dass sie bereit ist, sich über alles hinwegzusetzen was Recht und Billig ist und vergrößert damit die Kluft zwischen sich und ihren Untertanen.

Damit aber nicht genug: Bankeinlagen sind eine der sichersten Anlageformen überhaupt und erfüllen damit einen bestimmten Zweck in der Finanzplanung der Einzelnen. Dadurch, dass den Bankeinlagen künstlich Risiken aufgeladen werden, können sie diesen Zweck nur noch unzureichend erfüllen. Damit wird die Ausführung der persönlichen  Finanzpläne ein Stück weit vereitelt. Ich würde soweit gehen zu sagen, dass Enteignungen Teile der Lebensgestaltung der Einzelnen gefährden.

Die Apologeten der Enteignungen verweisen zum einen darauf, dass ohne das „Rettungspacket“ die Zyprer wesentlich mehr verlieren würden, zum anderen dass es viele Steuerflüchtige und “Reiche“ trifft und daher gerecht sei. Den ersten Punkt widerspreche ich, da die Bankkunden sicher besser geschützt wären, wenn die Eigentümer und nachrangig besicherten Gläubiger die ersten Verluste tragen. Desweiteren ist es gar nicht sicher, dass es für das Land wirklich besser ist, einen unbezahlbaren Schuldenberg vorsich her zu schleppen. Das schlimmste, das der politischen Klasse passieren kann, ist, dass ein Land aus der Eurozone austritt und sich zügig erholt, so wie es Island vorgemacht hat. Den zweiten Punkt widerspreche ich, da er darauf hinausläuft, dass die Zyprer in kollektive Haftung genommen werden, die nicht durch die Verfehlung Einzelner gerechtfertigt werden kann.

Ein Grund, aus dem Schäuble Zypern die Enteignungen aufgezwungen hat, ist naheliegend: Er will den Finanzplatz Zypern auf Dauer beschädigen und damit eine Steueroase trockenlegen. Um dieses Ziel zu erreichen geht er, wie oben beschrieben, extreme Risiken ein und verursacht enorme Schäden. Er ist für mich ein verantwortungsloser Zocker.

Wenn Faschismus erfolgreich ist

Januar 29, 2013

Laut Meldung von tagesschau.de stoppt BASF eine Zulassungsanträge für verschiedene gentechnisch veränderte Kartoffelsorten. Der Grund sei die Zerstörung von Kartoffelfeldern und der Wiederstand von „Umweltschützern“. Hier wurden unliebsame Handlungen mit Hilfe von Gewalt unterbunden. Wie der erste Kommentar auf tagesschau.de zeigt, wird das von Teilen der Bevölkerung sogar begrüßt. Meines Erachtens ist ein Merkmal des Totalitarismus, das Gewalt nicht Zentral gesteuert wird, sondern sie dezentral ausgeübt wird und eine formierte Gesellschaft zu schaffen. Mit der Niederlage von BASF sind wir einer totalitären Gesellschaft wieder etwas näher gerückt. Es muss die Aufgabe jeden Demokraten sein, sich unabhängig davon, wie er zur Gentechnik steht, den Versuchen totalitärer Machtentfaltung entgegenzusetzen.

Quelle http://www.tagesschau.de/wirtschaft/genkartoffeln100.html

Über die Anschläge in Norwegen

Juli 25, 2011

Gewöhnlich messe ich Anschläge keine große Bedeutung zu. So schrecklich diese Verbrechen für die Betreffenden und Angehörige aus sein mögen, für gewöhnlich muss man deutlich mehr Angst davor haben von einem Auto überfahren zu werden, als Terroristen zum Opfer zu fallen. Mit den Anschlägen in Norwegen verhält es sich anders. Zum einen kommt in diesem Anschlag etwas zum Ausdruck, das sich schon länger zusammenbraut zum anderen befürchte ich, dass er tatsächlich die Politik verändern wird.

Der Täter entstammt der sogenannten islamkritischen Szene, die man vielleicht besser als Nationalkonservativ beschreiben kann. Kennzeichen der neuen Nationalkonservativen ist die Angst vor der Islamisierung Europas. Es wäre unangemessen die Islamisierung an dieser Stelle zu thematisieren, wichtig ist vor allem eines: Die Art in der die Nationalkonservativen den Islam diskutieren verwischt die Individuelle Verantwortlichkeit und ist geeignet kollektives Mistrauen und Hass zu schüren. So werden zum Beispiel Vergewaltigungen als eine Strategie des Islams betrachtet. Daher kommt es in der Denkweise der Nationalkonservativen nicht darauf an, welchen Lebenswandel ein einzelner Moslem führt, er sei schon deshalb gefährlich, weil er den Islam verbreitet.

Es war nur eine Frage der Zeit bis ein durch nationalkonservatives Gedankengut motiviertes Verbrechen verübt wurde. Ich habe eher Gewalt gegen Einwanderer befürchtet, was Wirklichkeit wurde ist der Versuch Europa mit Terror zu überziehen.

Ein oft anzutreffendes Erklärungsmuster für den Anschlag ist die These, dass es sich um einen Psychopathen handle. Diese These übt unter den Nationalkonservativen ein gewisse Entlastungsfunktion aus: „Morden wollte der Täter sowieso es sei nur Zufall das er sich aus unserer Ideologie ein Rechtfertigung  dazu zimmerte“. Damit wird verdunkelt, dass es einen direkten Zusammenhang von Nationalkonservativer Ideologie mit den verübten Verbrechen gibt. Auch sonst ist von der Psychopathenthese nicht viel zu halten: Es ist denkbar das der Täter von Anfang an völlig empathielos war, aber genauso gut dass seine politische Motivation so groß war, dass er sich seine Menschlichkeit selbst abtrainiert hat. Wer eine Ideologie aufbaut, die seine Gegner entmenschlicht und ihnen die größten Verbrechen andichtet, wird damit auch seine Hemmungen verlieren.

Wie bereits Zettel geschrieben hat, ist für Extremisten Mord nicht immer irrational. Es besteht die Gefahr, dass der Attentäter die Politischen Koordinaten in seinem Sinne verschiebt. Es gibt verschiedene Mechanismen, die ihm in die Hände spielen:

  • Die Tat verschafft Aufmerksamkeit, Menschen denen die Ideen der Nationalkonservativen bis gestern unbekannt waren, kommen nun mit ihnen in Kontakt. Einige werden diese Ideologie als ansprechend empfinden.
  • Es gibt das Kalkül, das man die Forderungen des politischen Gegners sich selbst zu Eigen macht, um diesem den Wind aus dem Segel zu nehmen. Möglicherweise versuchen die etablierten Parteien eine ähnliche Strategie gegenüber den Antiislamisten zu fahren.
  • Sollte sein Beispiel Schule machen, ist es denkbar, dass Kritiker des Antiislamismus nicht mehr den Mut aufbringen sich öffentlich erkennen zu geben. Veranstaltungen, die besonders im Fadenkreuz  der Terroristen stehen können dann nicht mehr organisiert werden.

Diese Vorteile können aus Sicht des Täters den Misskredit aufwiegen, mit dem das Verbrechen für den Nationalkonservativismus einher geht.

Besonders erfolgversprechend ist der Terrorismus auch deshalb weil unseren Eliten in Medien und Politik der Charakter fehlt sind Terror zu wiedersetzten. Nach dem islamistischen Terror begann man Aktionen zu untersagen, die die Islamisten „provozieren“ könnte. Nach dem Anschlag in Norwegen ließen es die Medien zu, sich für die Selbstinszenierung des Täters instrumentalisieren zu lassen. Was sich zum Beispiel daran zeigt, dass zur Illustration der Berichterstattung Bilder verwendet werden, die der Täter selbst zum Zweck der Selbstheroisierung angefertigt hat. In Artikeln über eine Wissenschaftlich Studie fehlen häufig die Angaben, die notwendig sind, um die Studie zu recherchieren. Nicht so hier. Im alten Rom gab es die Damnatio memoriae, ein Strafe durch die der Delinquent der Vergessenheit anheimfallen sollte. Dies wäre der Angemessen Umgang mit Taten, die dazu dienen die Öffentlichkeit zu erreichen.

Wikileaks und die Konflikte von Morgen

Dezember 18, 2010

Es ist wohl keine Übertreibung zu sagen, dass in die Ereignisse der vergangenen Wochen die Zukunft ihre Schatten vorauswarf. Plattformen wie Wikileaks und vor allem der Umgang mit ihnen werden das Zeitgeschehen prägen, wie wenige Begebenheiten zuvor. Wir werden Zeuge davon, wie sich die gängigen Methoden gesellschaftliche Konflikte zu regulieren auflösen. Im alten Paradigma wurden Konflikte zentral gelöst. Der Staat war die Instanz, die als Ordnung setzende Macht, entschied wie mit Streitfragen umzugehen sei. Diese Funktion wird durch drei Entwicklungen Infrage gestellt, die sich in den vergangenen Ereignissen herauskristallisieren. Das sind die wachsende Komplexität der Gesellschaft, die nicht-Territorialität des Internets und die durch das Internet entstandene Möglichkeit der Viele-zu-Viele-Kommunikation.

Man konnte schon an der Vergangenheit sehen, dass die staatlich-zentrale Gesetzgebung nicht mehr mit der wachsenden Komplexität der Gesellschaft mithält. Eine erfolgreiche zentrale Gesetzgebung setzt voraus, dass der Staat in der Lage ist die Kompetenzen zu mobilisieren, die nötig sind, um in einer Streitfrage eine zufriedenstellende Lösung zu finden. Der Punkt an dem sich die Parlamentarier selbst die nötigen Kompetenzen aneignen konnten, ist schon längst überschritten. Das erforderliche Detailwissen ist zu umfangreich. Davon zeugen die wachsende Spezialisierung der Abgeordneten und die Kompetenzverlagerung auf externe Berater und Kommissionen. Schon dieses Vorgehen war problematisch, weil es den Gesetzgebungsprozess durch Lobbygruppen beeinflussbar gemacht hat.

Dass das inzwischen nicht mehr ausreichend ist sieht man beispielsweise an der Novelle des Jugendmedienstaatsschutzvertrags. Hier griff die Politik offenbar auf Berater aus der Wirtschaft genauer den Produzenten sogenannter jugendgefährdender Inhalte zurück. Diese schafften es auch einen Vorschlag vorzulegen, der einer bestimmten Interessensabwägung gerecht wird. Der zwischen den Medien, die sogenannter jugendgefährdender Inhalte verbreiten möchten und den Eltern, die ebendiese Inhalte von ihren Kindern verbergen wollen. Der Vorschlag ließ jedoch die Anliegen von Gruppen außeracht, die nicht an der Beratung beteiligt waren, insbesondere derjenigen die auf privater Basis Inhalte ins Netz stellen. So kam es, dass fast ein Vorschlag umgesetzt wurde, der den einfachen Blogger mit erheblichen Risiken belastet hätte.

Der Vorgang zeigt, dass es der Politik nicht mehr gelingt die wesentlichen Interessenskonflikte, die sich aus einer Neuregelung ergeben, zu identifizieren und daher notwendigerweise Regeln beschließt, die massiv in die berechtigten Interessen bestimmter Gruppen eingreift. Je komplexer die Gesellschaft wird, desto komplexer werden die Konflikte und desto schlechter gelingt Politik. Wir haben es hier mit dem Problem des verteilten Wissens zu tun. Ähnlich wie ökonomische Probleme nicht durch zentrale Planung gelöst werden können, da das erforderliche Wissen über alle Wirtschaftssubjekte verteilt ist, können Interessenskonflikte nicht zentral gelöst werden. Der Ausweg besteht darin, den Anspruch, diese Probleme zentral zu verwalten, aufzugeben und stärker darauf zu vertrauen, dass sich durch dezentrale Vermittlung spontan tragfähige Regeln herausbilden.

Die zweite Entwicklung, mit der wir uns auseinandersetzen müssen, ist der Umstand, dass das Territorialprinzip nicht auf das Internet angewendet werden kann. In der offline-Welt wird ein Streitfall nach den Gesetzen des Staates entschieden, auf dessen Territorium er aufgetreten ist. Im Internet kann man nicht ohne weiteres entscheiden, wo ein Streitfall auftritt. Der Status Quo ist, dass auf jeden Inhalt, der im Netz steht, die Gesetze jedes Staates angewendet werden können, in denen er verfügbar ist. Es ist möglich, dass einem Brasilianer, der auf Servern in den USA rechtradikale Propaganda betreibt, in Deutschland der Prozess gemacht wird. Auf einem anderen Blatt steht, ob ein Staat sein Recht auch international durchsetzen kann. Jemand, der sich durch seine Veröffentlichung im Internet strafbar gemacht hat, kann einer Strafe entgehen indem er die Staaten meidet, in denen er verfolgt wird. Die Folge ist Staaten das Mittel der Strafverfolgung nicht mehr zur Verfügung steht, um unliebsame Inhalte aus seinem Territorium fern zu halten.

Der Kampf gegen Inhalte aus dem Internet wird also mit unorthodoxen Methoden geführt. Ein Beispiel wie so ein Kampf aussehen kann bietet uns Wikileaks. Hier sehen wir, dass nicht mehr allein bei den Urhebern der unerwünschten Inhalte angesetzt wird, sondern zunehmend die Ressourcen angegriffen werden, die dazu dienen die Inhalte zu verbreiten. Im Fall von Wikileaks waren das zum einen die Serverkapazitäten, die durch DoS-Attacken und der Verweigerung von Dienstleistern, eingeschränkt wurden, zum anderen die Finanzströme. Die Attacken auf Wikileaks konnten zum Teil durch eine Solidarisierungswelle abgewehrt werden. Es wurde Druck auf Unternehmen ausgeübt, ihre Dienste weiterhin auch Wikileaks anzubieten und es wurden Mirrors für die Wikileaks eingerichtet.

An den Kämpfen um Wikileaks sehen wir, das sich die Austragung der Konflikte von staatlichen Institutionen auf die Zivilgesellschaft zurück verlagert. Der Kampf darum, welche Inhalte im Netz stehen können, wird nicht mehr vor Gericht ausgetragen, er entscheidet sich dadurch welche Seite mehr Anhänger mobilisieren kann. Von Hayek stammte die Deutung, dass die Demokratie das Ergebnis eines Bürgerkriegs vorwegnimmt, da die Seite die sich im Parlament durchsetzt auch die sei, die sich in einer gewaltsamen Auseinandersetzung durchsetzen würde. Da die Regelsetzung der Parlamente nicht mehr greift, kehren im Internet bürgerkriegsähnliche Verhältnisse wieder. Das muss nicht das letzte Wort sein. Es ist denkbar, das sich aus den bürgerkriegsähnlichen Verhältnissen eine Ordnung herausbildet durch die Konflikte dezentral reguliert werden können. Eine Reihe ungeschriebener Gesetze durch die die Anwendung destruktiver Methoden sanktioniert wird.

Zuletzt wenden wir uns der Möglichkeit der Viele-zu-Viele-Kommunikation zu. Durch das Internet ist es dem Einzelnen möglich geworden mit überschaubarem Aufwand ein Massenpublikum zu erreichen. Nur wenigen gelingt das tatsächlich, aber die Möglichkeit ist prinzipiell da. Damit verändert sich auch das Verhalten der Konsumenten von Information. Griff er in der Vergangenheit auf einige wenige Informationsquellen mit hohem Bekanntheitsgrad zurück, stehen ihm heute zusätzlich Quellen mit mittlerem Bekanntheitsgrad zur Verfügung. Die Funktion der alten Medien den gesellschaftlichen Diskurs zu fokussieren geht damit verloren. Neben dem Hauptdiskurs werden zahlreiche Nischen- und Nebendiskurse geführt. Nachrichten und Ideen die früher aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit gedrängt werden konnten, können heute ungehindert verbreitet werden. Als Beispiel sei der Maskulismus genannt, der sich ohne Internet nicht hätte entwickeln können.

Durch das Internet besteht also die Möglichkeit, dass sich auch die Diskursführung dezentralisiert. Der einzelne rezeptiert nicht mehr nur den Hauptdiskurs sondern konzentriert sich auf die Diskussionen, die für ihn tatsächlich relevant sind und kann prinzpiell auch zu ihnen beitragen. Ebenso verändert sich die journalistische Sorgfalt, konnten die Medien früher auf ihrer Autorität vertrauen, wird im Internet erwartet, dass sich die Hauptaussagen durch Verlinken der Hauptquellen auch belegen lassen.

Wir haben also gesehen, dass wegen verschiedenen Entwicklungen, die sich vor allem in Internet abspielen, sich die Konfliktregulierung von staatlich-zentraler Ebene auf die zivilgesellschaftlich-dezentrale Ebene verlagert. Das betrifft sowohl, die Art wie Lösungen von Konflikten gefunden werden als auch wie diese durchgesetzt werden. Viele werden darin ein Bedrohung sehen, angetrieben von der Angst die Anarchie des Internets wird zu einer Anomie führen. Aber vielmehr besteht die Hoffnung, dass sich im Internet die Ordnungsstrukturen herausbilden, die erforderlich sind, um die Konflikte einer komplexer werdenden Welt zu bewältigen. Wer weiß vielleicht werden diese Ordnungsstrukturen, sollten sie sich als erfolgreich erweisen, als Vorbild für die Neugestaltung der Offline-Welt dienen.

Sollte man Wikileaks verdammen?

Dezember 3, 2010

Es gibt keine Frage, die die Menschen zurzeit mehr entzweit, als die wie man Wikileaks bewerten sollte. Das Spektrum an Meinungen reicht von Unterstützung für die Ziele, über Angst vor den möglichen Auswirkungen auf das frei Internet bis hin zu radikalem Zynismus, der Untertan an sich dürfe ja nicht zu viel wissen (Edit: eine Erläuterung dieser Einschätzung befindet sich im Kommentarbereich). Und die Auswirkungen, die Wikileaks haben wird, sind in der Tat komplex.

Die schwerwiegendste Anschuldigung ist, dass die Veröffentlichungen von Geheiminformationen Menschenleben gefährde. Obwohl diese Vorwürfe auf dem ersten Blick plausibel erscheinen, gibt es bisher keine Hinweise darauf, dass bisher Menschen durch Informationen zu Schaden kamen, die auf Wikileaks veröffentlich wurden. Es liegt die Spekulation nahe, dass wenn Wikileaks an bestimmte Daten kommt, die Feindpartei das schon lange kann. Zudem hat Wikileaks aus den Fehlern gelernt und versucht nun Daten zu entfernen, die Personen gefährden. Das Restrisiko dürft bei weitem geringer sein, als das Risiko, das von Informanten der Gegenpartei selbst ausgeht.

Ein weiterer Vorwurf besteht darin, dass der Kopf hinter Wikileaks Julian Assange die USA hasst und einen Kreuzzug gegen sie führt. Dieser Vorwurf kommt mir gänzlich unplausibel vor, hätte jemand wie Assange nicht ganz andere Möglichkeiten den USA zu schaden? Wenn man einen Blick in Assanges Biographie wirft, stellt man fest, dass er die Werte die hinter Wikileaks stehen, schon als junger Erwachsener lebte. Nichts in seiner Biographie weist auf extremen Hass hin. Auch kann Ex-Aktivist Herbert Snorasson in einem Interview mit der Zeit meines Erachtens die Motive für das Verhalten von Wikileaks verständlich machen.

Eine intelligentere Kritik besteht darin, zu hinterfragen ob das Vorgehen von Wikileaks nicht, das Ziel den Zugang zu Information zu verbessern konterkariert. Zwingt größere Transparenz nicht dazu Entscheidungsprozesse von den offiziellen Kanälen, die der Transparenz unterworfen worden, auf inoffizielle zu verlagern? Auch das wirkt auf dem ersten Blick plausibel, aber bei Wikileaks geht es explizit um Dokumente, die gerade geheim gehalten werden sollen und zwar nicht nur wegen dem Inhalt der Dokumente selbst, sondern um die Kosten der Geheimhaltung so weit zu erhöhen, dass Geheimhaltung gegenüber Transparentem Verhalten die schlechtere Strategie ist. Um es mit Assanges Worten zu sagen: „the more secretive or unjust an organisation is, the more leaks induce fear and paranoia in its leadership and planning coterie”. (Siehe auch diese Interview)

Der letzte Vorwurf mit dem ich mich auseinandersetzen will, ist die Einordnung von Wikileaks als Verbrecher. Es ist egal wie die Sache juristisch zu beurteilen ist, naturrechtlich gesehen, kann es kein Recht darauf geben Dritten die Weitergabe von Informationen zu untersagen. Der Schutz vor Verrat kann nur durch vertragliche Abmachungen entstehen, kann also nur den Hinweisgeber selbst betreffen, nicht aber daran anschließende Multiplikatoren wie Wikileaks. Wie die die Site moralisch zu beurteilen ist steht wieder auf einem anderen Blatt.

Das faszinierende an Wikileaks sind die extremen Emotionen, die es hervorruft. Diese zeigen sich schon in der Darstellung Assanges. Man vergleiche etwa dieses Foto mit jenem. Oder daran, dass einige seiner Gegner ihm den Tod wünschen. So heftige Reaktionen können nur entstehen, wenn ein wunder Punkt getroffen wurde. Liegt das daran das Bürger des Westens westlichen Staaten absichtlichen Schaden zufügen, also Verräter sind? Das tut auch jeder islamistische Konvertit ohne besonderen Hass auf sich zu ziehen. Oder liegt die Ursache des Hasses nicht vielmehr darin, dass Wikileaks Dinge offenbart, die man eigentlich gar nicht wissen wollte?

Wie die USA deutsche Politiker beurteilen oder dass die Staaten des mittleren Ostens trotz anderslautender Rhetorik Israel dem Iran vorziehen, konnte sich jeder denken. Aber nicht an solche Dinge denken zu müssen erlaubt es einen mehr Gemeinsamkeiten mit seiner Regierung zu finden als objektiv vorhanden sind. Wie wenig die Regierung die eigenen Interessen vertritt ist ein Gedanke, der den meisten Menschen Angst macht und der gerne verdrängt wird. Hier wären wir gerne unehrlich.

Wikileaks erzwingt eine brutale Ehrlichkeit.  Eine solche Ehrlichkeit ist das Merkmal freier Gesellschaften. Denn in freien Gesellschaften muss man sich vor seinem Nächsten nicht verstecken. In unfreien Gesellschaften hingegen kann einem jede Missgunst, die man erregt, zum Verhängnis werden. Daher werden hier die eigenen Ziele hinter einem Schleier aus Lügen und Andeutungen versteckt. Der freie Mensch kann es sich nicht leisten, die Welt durch Schleier hindurch zu sehen, er ist für sein Wohl und Wehe selbst verantwortlich und muss informierte Entscheidungen treffen. (Das ist nebenbei auch ein Grund warum Planwirtschaften und die Verwaltungen autoritärer Regime so ineffizient sind, auch sie können sich ihre Lügen eigentlich nicht erlauben.) Aber unsere Staaten lieben es ihre Politik mit einem seichten Schleier aus Halbwahrheiten zu verweben. Eigentlich können wir uns das nicht leisten und darum bin ich für Wikileaks und verdamme es nicht.

Profeministischer Terror gescheitert

November 9, 2010

Am letzten Wochenende ging das erste internationale Antifeminismustreffen zu Ende und die Veranstalter ziehen eine durchaus positive Bilanz. Das es soweit kommen konnte ist nicht selbstverständlich. Schon im Vorfeld gab es Versuche das Treffen zu verhindern. Es gab mehrere Fälle von Vandalismus verbunden mit Bekennerschreiben, die gegen das Treffen gerichtet waren. (siehe auch entsprechende Berichte bei Manifold) Diese Attacken wurden sehr ernst genommen, so sagte der Eigentümer des Grundstücks, auf dem die Veranstaltung stattfinden sollte, in Folge des Drucks ab; auch dem für das Catering zuständige Hotelier wurde es zu heiß. Zu dem Terror im Vorfeld, kamen Aufrufe die Tagungen zu stören.

Das das Treffen trotzdem wie geplant stattfinden konnte ist der Kompetenz und Improvisationsfähigkeit der Organisatoren zuzuschreiben. Von Seite der Politik und das Staates gab es keine Unterstützung, im Gegenteil man versuchte sogar die Veranstaltung zu untersagen.

Derartige Vorkommnisse sind in der Geschichte des Feminismus leider keine Einzelfälle. So sammelte der Autor Arne Hoffmann in seinem Buch Männerbeben Fälle, in denen Kritiker des Feminismus durch Mobbingaktionen mundtot gemacht wurden. Prominentestes Opfer dürfte die Schriftstellerin Esther Vilar sein, die auch auf Grund personenbezogener Gewalt Deutschland verlassen musste.

Selbst wenn man den Antifeministen keine Sympathien entgegenbringt, ist es für alle die nicht der Meinung sind, dass Gesellschaftliche Auseinandersetzungen mit Gewalt zu führen sind, ein positives Zeichen, dass der Terror nicht von Erfolg gekrönt war und das Treffen stattfinden konnte.

Das politische Gegenteil

Oktober 8, 2010

Woran erkennt man, dass ein Politiker lügt?

Seine Lippen bewegen sich.


Lebensweisheit

 

Wenn wir sagen, dass etwas das Gegenteil einer Sache ist, kann Gegenteil verschiedene Bedeutungen haben. Gegenteil kann zum einen heißen, dass in einer Polarität (z.B. Schwarz – Weis) der jeweils anderer Pol gemeint ist oder das Gegenteil kann logisch-exakt gebraucht werden, dann wäre das Gegenteil gleichsam die Verneinung, also das Gegenteil von Schwarz die Gesamtheit aller Farben bis auf Schwarz. Hier will ich einen Typ von Gegenteil vorstellen, den ich als Politisches Gegenteil bezeichne.

Das politische Gegenteil ist dann anzutreffen, wenn wir aus einer Aussage eines Politikers schließen können, dass die Verneinung der Aussage zutrifft. Beispielsweise kann man, wenn ein hoher Politiker sagt „niemand stellt den Führungsanspruch unseres geliebten Vorsitzenden in Frage“, damit rechnen, in wenigen Wochen den besagten Politiker als neuen Vorsitzenden begrüßen zu dürfen. Die berühmteste Verwendung des politischen Gegenteils dürfte der Ausspruch von Walter Ulbricht sein „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“.

Von einem politischen Gegenteil zu sprechen, mag zunächst wie eine ironische Zuspitzung erscheinen, sein Gebrauch macht im politischen Alltag jedoch absolut Sinn, wenn man folgendes bedenkt. Politiker sind in ein System von Loyalitäten eingebunden. Ihre gesamte Macht beruht auf diesem System und das System beruht auf das Vertrauen auf die Macht des Politikers. Ein Politiker ist mächtig, weil andere an seine Macht glauben. Geht der Glaube an die Macht verloren, dann auch die Macht selbst. Indem ein anderer bekundet keinen Respekt vor einem Politiker oder einer politischen Instanz zu haben, führt er einen Angriff auf die Macht des Politikers selbst aus. Daher ist es in der Politik unmöglich Tatsachen offenauszusprechen, die den Einfluss eines Verbündeten oder Partners in Frage stellen.

Auch ein abgesetzter Vorsitzender ist eine wichtige Persönlichkeit in einer Partei und hat Anhänger mit denen es man sich nicht verscherzen möchte, daher ist sein Nachfolger der letzte der ihn öffentlich angreifen kann. Andere, die den Sturz einer Spitze betreiben, schieben die Umstände vor und entziehen sich so ihrer Verantwortung. Auch verfeindete Staaten sind in gewisser Hinsicht Partner, nämlich wenn es darum geht den Status quo aufrecht zu erhalten. Es wird vermieden unnötige Spannungen aufzubauen und daher tat auch Ulbricht gut daran, die Alliierten nicht vor den Kopf zu stoßen und den Bau der Mauer zunächst geheim zu halten.

Das politische Gegenteil wäre natürlich nutzlos, wenn es keine Methode gäbe mit der man es sicher erkennen kann. Allerdings auch nicht zu sicher, sonst könnte man es sich gleich sparen. Eine solche Methode gibt es, sie besteht darin zu prüfen, ob ein Politiker einen Sachverhalt überhaupt ansprechen würde, wenn er wahr wäre. Ist das nicht der Fall spricht er das politische Gegenteil aus. Wenn ein Vorsitzender fest im Sattel sitzt, macht es keinen Sinn über seinen Führungsanspruch zu diskutieren. Spricht man dennoch darüber, dann ist die Botschaft nicht, dass der Führungsanspruch akzeptiert wird, sondern ganz im Gegenteil man macht deutlich dass dieser Führungsanspruch keine Selbstverständlichkeit ist.

Es muss auch Möglichkeiten geben das politische Gegenteil zu vermeiden. Auch die bestehen. Zum einen kann man die ursprüngliche Aussage verteidigen indem man sie bis ins unrealistische steigert. Einem Politiker, der die Bedeutung und Unverzichtbarkeit des Vorsitzenden in den höchsten Tönen lobt, nimmt man tatsächlich ab hinter diesem zu stehen. Zum anderen besteht theoretisch die Möglichkeit seine Position so präzise und differenziert zu erläutern, dass kein Raum für Interpretationen bleibt.

Gab es in letzter Zeit eine Rede in der das politische Gegenteil verwendet wurde? Die gab es tatsächlich, es handelt sich um die Rede der Bundespräsidenten Wulff. Genauer die Passage

Das Christentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das Judentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das ist unsere christlich-jüdische Geschichte. Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland.

Der Satz das der Islam zu Deutschland gehöre, ist entweder trivial oder schlicht falsch, je nachdem was man unter Deutschland versteht. Wäre der Islam tatsächlich ein Teil Deutschland gäb es keinen Grund ihn zu erwähnen, so wie Wulff andere Minderheiten die tatsächlich zu Deutschland gehören nicht erwähnt. Der Umstand, dass Wulff den Islam dennoch erwähnt, zeigt dass er das Verhältnis von Muslimen und anderen Bewohnern Deutschlands für angespannt hält. Für so angespannt, dass es zu einem Problem der Politik geworden ist.

Zum Wesen des politischen Gegenteils gehört, dass es unklar bleibt; seine genaue Bedeutung erschließt sich erst im Licht der kommenden Ereignisse. Wir wissen nicht was Wulf bezwecken wollte, ob er seinen rechten Pateifreunden Gelegenheit geben wollte sich zu positionieren oder den Linken die Deutungshoheit zu gewinnen.

Politiker-CD update

März 13, 2010

Wenn etwas zu schön ist um wahr zu sein, dann ist es meistens auch nicht war. Diese Regel hat sich auch bei der Nachricht bestätigt, dass die LP über Finanzinformationen deutscher Politiker verfügt. Über die Hintergründe dieser Falschmeldung klärt Max Wessenberg auf. Meines Erachtens war der Effekt den Verlust an Glaubwürdigkeit, der eingetreten ist, nicht wert.