Archive for November 2010

Werden Euro-Zweifler jetzt saraziniert?

November 30, 2010

Unter der Überschrift „Henkel gibt den Euro-Sarrazin“ meldete am Freitag Spiegel-Online:

Zurück zur D-Mark, Euro abschaffen? Hans Eichel, Guido Westerwelle und sogar Oskar Lafontaine versuchten bei Maybrit Illner, der Krisenpanik Einhalt zu gebieten. Schließlich riss Hans-Olaf Henkel die Show an sich: Er sehnt sich nach einer Art Groß-Preußen, das den Süden nicht länger durchfüttern muss.

Die Meldung bezieht sich auf eine Sendung von Maybrit Illner in der Hans-Olaf Henkel für eine Aufspaltung der Währungsunion in einen Starkwährungsraum und einen Schwachwährungsraum plädiert hatte. Der Vorschlag geht meines Erachtens nicht weit genug, weil fundamentale Probleme, wie die langfristigen Auswirkungen staatlicher Zinspolitik, nicht gelöst werden. Aber er stellt gegenüber dem Status Quo eine Verbesserung dar, denn zum einen fällt der schmerzhafte Konvergenzprozess innerhalb der Eurozone weg und zum anderen kann die Geldpolitik besser in den institutionellen Rahmen eines Staates eingefügt werden. Der Letzte Punkt ist auch das Argument mit dem Henkel argumentiert.

Den radikalen Eurobefürwortern gilt jedoch der Umstand, dass es Unterschiede in den institutionellen Rahmen gibt bereits als nationalistisch. Dass der griechische Staat auf eine effektive Besteuerung  verzichtet und versucht die Einnahmelücke mit Seigniorage zu kompensieren, wird als Wesenszug der Griechen aufgefasst. Das Sprechen über unterschiedliche institutionelle Rahmen wird als Denken in nationalen Kategorien tabuisiert.  So Spiegel-Online über Henkel:

Er schwadronierte von Völkern mit bestimmten Eigenschaften. Warum sollte sich das nicht auf die Finanzpolitik eines Landes übertragen lassen? Wer nicht nach unseren Regeln spielt, so bellte es den Talkshow-Zuschauern vor ein paar Wochen noch entgegen, gehört abgeschoben. Jetzt, fließender Übergang, sollen die Pleite-Griechen mindestens raus aus der Währungsunion.

Diese Art der Kritik ist perfide und irrleitend. Sie ist irrleitend, weil sie impliziert, dass man sich um die drängenden ökonomischen Fragen dieser Zeit drücken kann, wenn man rein moralisch argumentiert. Wenn das Gute gewollt ist, spielt es keine Rolle welche Folgen das Handeln hat und daher ist es unnötig sich mit Alternativen auseinander zu setzten. Eine solche Moral ist in ihrem Kern egoistisch, sie kreist um sich selbst und ist nicht bereit sich auf das fremde einzulassen. Aus Angst davor vom Konsens abzuweichen, versucht man die Fragen zu vermeiden, die ihn in Zweifel ziehen könnten und verzichtet darauf die Folgen des eignen Handelns zu evaluieren.

Die Kritik an Henkel ist perfide, weil ihm niedere Motive unterstellt werden, um die inhaltliche Auseinandersetzung mit ihm zu vermeiden. Die Tatsache, dass es unterschiedliche finanzpolitische Stile gibt, die im Rahmen des Euros mehr oder weniger gut funktionieren, wird ignoriert, stattdessen wird der Hinweis auf diese Tatsache moralisch verurteilt.

Zu dieser Unredlichkeit gesellt sich ein gehöriges Maß an Doppelmoral. Was Henkel angelastet wird, ist dass er die Finanzpolitik die in Deutschland betrieben wurde und die Werte, mit der man diese verknüpfen kann, für funktionaler hält, als diejenigen in Griechenland. Der Export der als neoliberal geltenden Finanzpolitik wird als Verdrängungskampf deutscher gegen griechische Wesenszüge wahrgenommen, sprich als Chauvinismus. Wäre aber eine Finanzpolitik betrieben worden, die den Kritikern eher zusagt, was lediglich darauf hinauslaufen würde alle bestehenden Verschuldungsspielräume auch zu nutzten, fiele ihnen im Traum nicht ein ihren Export mit Chauvinismus in Verbindung zu bringen.

Ähnliche Reflexe wie die Position Henkels löst der Unmut aus, den der Bail-out der Krisenstaaten hervorruft. Es gilt schon als nationalistisch gesinnt, wer der Meinung ist, dass die finanziellen Belastungen der Steuerzahler zugunsten von Griechenland nicht gerechtfertigt sind, da der griechische Staat die Verantwortung für seine Politik selbst tragen muss. Die Sorge um den eigenen Wohlstand, ist nach dieser Denkart kein legitimes Anliegen. Das Zweifeln an der europäischen Solidarität amoralisch.

Wer Solidarität so auffasst, dass die Interessen als Einzelne neben ihr keinen Platz haben, missbraucht diesen Begriff als Waffe, um die eigenen Vorstellungen anderen aufzuzwingen. Eine Moral, die einen nötigt die eigenen Interessen aufzugeben, pervertiert den Sinn einer Moral.

Zur konservativen Kritik des Liberalismus

November 24, 2010

Von konservativer Seite wird hin und wieder Kritik am Liberalismus geübt, in diesem Beitrag, will ich mich mit einer solchen auseinander setzten. Ich stütze mich hier zum einen auf die Schrift Armin Mohlers „Gegen die Liberalen“ zum anderen auf zwei Blogbeiträge unseres Lieblingskonservativen Manfred Kleine-Hartlage, der eine stellt eine Rezension Mohlers Schrift dar, der andere einen Ausschnitt aus Manfreds neuem Buchprojekt. Auch CK hat sich mit diesen Kritiken beschäftigt.

Sowohl Manfred als auch Mohler werfen dem Liberalismus vor im Grunde totalitär zu sein, dies leite sich aus dem Umstand ab, dass er sich auf universelle Prinzipien berufe. Mohlers Kritik ist darüber hinaus eine dialektische, er verkürzt den Liberalismus nicht auf einen angeblichen Totalitarismus, sondern auf die Alternative zwischen einer Gesellschaft, die totalitär von bestimmten Prinzipien durchdrungen ist und einer dysfunktionalen Gesellschaft,  die von mafiaartigen Strukturen beherrscht wird. Allein Konservatives Denken und Handeln zeige den Ausweg aus dieser Alternative zwischen „Gulag und Mafia“.

Dem Liberalismus werfen sie vor nicht auf empirischen Tatsachen, sondern ausschließlich auf Normativen Ideen zu beruhen. Dieser führe zu einem Utopischem Denken (Manfred). Der vom Liberalismus verleugnete Gedanke sei, dass die „Freiheit nicht ihre eigenen kulturellen Voraussetzungen hervorbringen kann, dass diese historisch gewachsen sind und vom Liberalismus als politischer Ideologie höchstens zerstört werden können.“ Mohler dazu: „Das eigentliche Problem des Liberalismus ist, daß eine liberale Praxis nur möglich ist, wenn gewisse Traditionsbestände an Gewohnheiten und tief eingerasteten Sitten noch vorhanden sind, mit deren Hilfe die Gesellschaft ihre Schwierigkeiten meistert.“  Nach Manfred werden empirische Tatsachen, die gegen den Liberalismus sprächen nicht nur ignoriert, sondern aus dem Diskurs verdrängt.

Mohlers nennt das angebliche Problem Intelligibilitätswahn, die Liberalen betrachten das Individuum nicht konkret, sondern abstrakt ohne seinen Kontext. Nach Mohler sind im Liberalismus alle Probleme auflösbar, Dilemmata kämen nicht vor. Oder Manfred: „Die wirklichkeitsfremde Missachtung des sozialen Kontexts, in dem individuelle Handlungen stehen und von dem sie abhängig sind, ist eine Schwäche, die das liberale Denken mit seinem individualistischen Ansatz bis heute nicht überwunden hat.“ Die M&M’s verschärfen ihre Kritik dahin, dass sie dem Liberalismus eine Feindschaft gegen die bestehenden Bindungen unterstellen.

Stabilisiert werde dieses Denken durch eine Beweislastumkehr, das Bewährte müsse sich nun am Normensystem der Links-Liberalen Metaideologie messen. Dieses sei jedoch selbst einem Rechtfertigungszwangs enthoben. Die Gesellschaft werde vom Standpunkt der Utopie beurteilt, ungeachtet ihrer Realisierbarkeit.

Das Denken in abstrakten führe dazu, dass die konkreten Bindungen der Menschen beseitigt werden müssten.

Das Denken in abstrakten Ordnungen, verbunden mit dem Universalismus, lässt unterhalb der Ebene der Menschheit keine partikularen Gruppenloyalitäten zu, es sei denn, diese wären ihrerseits durch die Bezugnahme auf ein abstraktes Ordnungsideal definiert, wie etwa die „westliche Wertegemeinschaft“.

Beide Ideologien [Marxismus und Liberalismus] kritisieren hergebrachte, nicht freiwillig eingegangene soziale Bindungen, etwa an Volk, Familie und Kirche, wegen des ihnen innewohnenden Moments von Herrschaft und Unfreiheit und betrachten sie insofern als zerstörenswert.

Die Bedürfnisse würden in legitime und illegitime eingeteilt, da liberale eine binäre Logik zugrunde legten, wonach alle sozialen Beziehungen emanzipatorischen Idealen zu genügen und anderenfalls zu verschwinden haben. Allerdings greift Manfred selbst auf binäre Logik zurück:

Statt zuzugeben, dass man nicht alles gleichermaßen tolerieren kann, und dass die Toleranz gegenüber dem einen seine notwendige Kehrseite in der Intoleranz gegenüber dem Entgegengesetzten hat, flüchtet er sich in die Konstruktion, er sei ja nur intolerant gegnüber [Sic!] der Intoleranz.

 

Mohler meint zwei Liberale ausgemacht zu haben (Dudek und Jaschke, keine Ahnung wer das sein soll), die zur Bekämpfung einer konservativen Wertetafel aufrufen. Genannt werden die Werte: “Vaterland – Ordnung -Ehre – Reinheit – Fortschritt – Moral – Nation – Heimat -Treue – Boden – Sitte – Kraft – Reich – Natur – Wachstum – Anstand – Kameradschaft” Dass man sich mit diesen Werten auch als Liberaler identifizieren kann, hat schon CK gezeigt.

Die M&M’s gehen davon aus das sich die Liberalen in besonderer Feindschaft zu den Konservativen befänden, da sie mit den Linken ähnliche Ziele teilen würden. Dies machen sie auch daran fest, dass sich Liberale an dem einseitigen Kampf gegen Rechts beteiligten. Für Manfred bilden Marxismus und Liberalismus ein Oligopol, da der Imperativ „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen sei“ für Liberale zustimmungsfähig sei. Mit der Einschränkung, dassFür den Liberalen […] die Emanzipation des Menschen bereits dann verwirklicht [ist], wenn er frei von Zwang, speziell von staatlichem Zwang ist.“

Diese Kritik ist sehr ausführlich, so dass es schwer fällt zu entscheiden, wo ich mit meiner Erwiderung anfangen soll. Der Einfachheit halber gehe ich von hinten nach vorne vor. Die Nähe von Linken und Liberalen die Manfred und Mohler zu sehen glauben ist natürlich eine Illusion, wie sonst ist zu erklären, dass der organisierte Liberalismus nicht mit den Linken Parteien koaliert, sondern mit der CDU, der einzigen nicht-linken Alternative? Auch ist der Kampf gegen den Faschismus kein typisch liberales Projekt, vielmehr sieht der Liberalismus sein Feindbild in allen Spielarten des Totalitarismus. Das lässt sich auch in den Initiativen gegen Linksextremismus erkennen, die von der liberalen Parteipolitik ausgehen. Damit fallen weite Teile der konservativen Argumentation zusammen, insbesondere die Mohlers, dem zufolge unter dem Deckmantel des Antifaschismus Liberale versuchen das konservative Lebensgefühl zu vernichten.

Es gibt keine besondere Nähe zwischen Liberalismus und Linke. Es gibt zwar gemeinsame Elemente, die beide von dem Konservativismus unterscheiden, aber es gibt genauso gemeinsame Elemente zwischen Linke und Konservativismus, die beide vom Liberalismus trennen, wie die die Skepsis gegenüber allgemeingültiger Theorien. Und auch Konservativismus und Liberalismus haben Gemeinsamkeiten, durch die sie sich von der Linken abgrenzen, etwa die Verantwortung des Einzelnen.

Kommen wir zum Kritikpunkt, dass der Abstrakte Ansatz des Liberalismus diesen, in Konflikt mit den konkreten Bindungen bringt. Hier gelingt es Manfred und Mohler nicht, das Liberale Denken nachzuvollziehen. Der Liberalismus beschäftigt sich nicht mit den konkreten Bindungen, soweit liegen M&M richtig, aber er tut das nicht weil sein Menschenbild von bindungsfreien Einzelnen ausgeht, sondern weil die Frage nach den konkreten Bindungen für den Liberalen keine politische Relevanz hat. Als Mensch habe ich natürlich eine Meinung zu Familie, Deutschland und zur Religion, aber diese Meinungen stehen nicht mit dem im Zusammenhang, was ich als Liberaler politisch fordere. Das liberale Denken bewegt sich auf einer ganz anderen Ebene wie das konservative.

Manfred würde auf diesen Punkt wahrscheinlich antworten, dass in der Frage nach den konkreten Bindungen keine Neutralität geben kann, da er einer binären Logik unterliegt, die er auf die Liberalen projiziert. Zur Erinnerung Manfred glaubt, „dass die Toleranz gegenüber dem einen seine notwendige Kehrseite in der Intoleranz gegenüber dem Entgegengesetzten hat.“ Das ist natürlich falsch, es ist sehr wohl möglich sowohl die Lesben/Schwulen-Szene als auch die Katholisch Kirche zu tolerieren, und ihre selbstgesetzten Regeln zu akzeptieren, solange ein Austritt möglich ist. Wie ich Manfred kenne wird er am letzten Punkt, der Frage nach der Austrittsmöglichkeit, einhacken. Bestimmte Strukturen wie Familie oder Volk könnten nur dann bestehen, wenn es eine Austrittsmöglichkeit nicht gibt.

Dieser Kritikpunkt ist äußerst interessant und verweist auf die möglicherweise tiefste Differenz zwischen Liberalen und Konservativen. Als sich Familie und Volk gebildet haben, gab es keine auf Zwang beruhenden Austrittsbarrieren, sondern es war ökonomische Notwendigkeit, die dazu motivierte in diesen Strukturen zu verbleiben. Mit dem ökonomischen Fortschritt sind diese Notwendigkeiten weggefallen. Der Wandel von Familie und Volk wird von Konservativen oft nicht mit dem sich ändernden ökonomischen Hintergrund erklärt, sondern mit sich ändernden Ideologien, insbesondere dem Einfluss der 68er Generation. Liberale würden den Wandel damit erklären, dass die Veränderung von Familie und Volk dazu dienten besser mit den sich wandelnden Rahmenbedingung zurechtzukommen. Diese Veränderungen aufzuhalten würde bedeuten, in dysfunktionalen Strukturen zu verbleiben. Das Verweigern von Austrittsmöglichkeiten ist daher nicht nur aus normativen Gründen abzulehnen.

So kommt es das Manfred einen Satz formuliert der von Liberalen tatsächlich unterschierieben werden könnte: „Der Gedanke, dass das Hergebrachte eine – jeweils kultur- und gesellschaftsspezifische – evolutionär bewährte Lösung des existenziellen Problems darstellen könnte, wie ein friedliches und geordnetes Zusammenleben von Menschen zu gewährleisten ist, kann vor dem Hintergrund einer Utopie kaum noch gedacht werden.“ Aber die Einschränkung übersieht, dass wenn sich die Rahmenbedingungen ändern, sich auch das Hergebrachte ändern muss.

Wir sind am letzten Kritikpunkt angelangt, liberales Denken missachte empirische Tatsachen. Hier muss man zunächst anmerken, dass keine Weltanschauung davor gefeit ist, sich vor Empirie zu immunisieren. Die Linke hat ihre Spinner die glaubt, alles Unheil ließe sich auf den Westen zurückführen und etwa glaubt, der Zusammenbruch der Wirtschaft in Zimbabwe sei auf westliche Handelsbeschränkungen zurückzuführen. Auch Konservative biegen sich die Wirklichkeit oft so zurecht wie sie sie haben wollen. Siehe etwa der Versuch oben dem Liberalismus einen Antifaschismus zu unterstellen.

Auch die Interpretation der Liberalismus stütze sich ausschließlich auf normative Urteile geht fehl. Wenn man sich die Veröffentlichung von liberalen Think-Tanks ansieht, wird man feststellen, dass Empirie einen sehr hohen Stellenwert hat. Der Unterschied zum Konservativismus besteht darin, dass die Empirie herangezogen wird um den Wert bestimmter Theorien zu beurteilen, während der Konservativismus meint auf Theorien mit universeller Geltung verzichten zu können und glauben das man alles in seinem singulären Kontext verstehen muss.

Meines Erachtens ermöglicht erst Theoriebildung und ihr Abgleich mit der Wirklichkeit einen Erkenntnisfortschritt. Eine Theorie ist nur dann glaubwürdig, wenn sie nicht widerlegt wurde, obwohl sie so weitgehende Aussagen macht, dass zu ihrer Wiederlegung viele Ansatzpunkte bestehen. Die Vorstellungen auf die Konservative zurückgreifen, verfügen gezwungenermaßen nicht über genügend Ansatzpunkte zur Wiederlegung um glaubwürdig zu sein. Die Aussage das liberale Wirtschaftspolitik überall positive Auswirkungen hat, würde ein Konservativer so nicht treffen, sie wäre ihm zu riskant. Der Verzicht auf allgemeine Aussagen, ist meines Erachtens eine der größten Schwächen des Konservativismus.

Wir haben also gesehen, dass die Kritik Mohlers und Manfreds am Liberalismus diesen an allen Stellen verfehlt. Weder besteht die übermäßige Nähe zur Linken, die sie herbei phantasieren, noch geht es dem Liberalismus darum bestimmte Lebensweisen oder Lebensgefühle zu bekämpfen. Zwar haben sie richtig erkannt, dass der Liberalismus allgemeingültige Aussagen macht und vom konkreten Einzelnen abstrahiert, aber dies hat nicht die Folgen die sie glauben. Der Liberalismus bleibt durch empirische Tatsachen angreifbar. Die Kritik der Konservativen zeigt im Endeffekt lediglich die Schwächen des Konservativismus selbst auf, die Unfähigkeit sich auf pluralistisches Denken einzulassen und das Zurückschrecken davor allgemeingültige Aussagen zu treffen.

Neumodisches Zeugs

November 16, 2010

Auch Leute wie ich die dem Zeitgeist immer hinterherhinken können sich dem Gang der Zeit nicht entziehen: Freiheit und Optimismus gibt es jetzt auch auf Twitter. Unter dem Namen FreiOpt werde ich dort interessante Artikel von diesem und andern Blogs empfehlen, Neuigkeiten weitergeben und den ein oder anderen Einzeiler veröffentlichen. Ich wünsche euch viel Spaß.

Konsens versus wertneutrale Demokratie

November 16, 2010

In einem Kommentar der Welt wird beschrieben wie sich die Grünen vom Modell der parlamentarischen Demokratie immer weiter verabschieden und es durch einen Anspruch auf kulturelle Mehrheit konterkarieren. Der Mehrheit des Parlaments wird ein behaupteter Konsens der Bevölkerung gegenübergestellt. Auch aus libertärer Sicht ist diese Entwicklung mit Skepsis zu sehen. Die Gefahr, die vom grünen Politikverständnis ausgeht, liegt darin, dass bestimmte Werte verbindlich gemacht werden sollen. Wie ich im Folgenden zeigen werde, ist ein politisches System, das bestimmte Werte verbindlich macht, nicht funktional und droht zu scheitern.

Die philosophische Reflektion sagt und zwar, dass man Werte nicht auf ein letzten Endes rationales Fundament stellen kann (das Problem der Letztbegründung), aber um Werte kommen wir im Alltag nicht herum, denn im Grund sind Werte nichts anderes als die Prinzipen, durch die wir unserem Handeln Konsistenz verleihen. Hätten wir keine Werte wäre jede unserer Handlungen durch den Zufall bestimmt  und würden kein stimmiges Gesamtbild ergeben. Andererseits kann man in jedem Handeln, das ein stimmiges Gesamtbild  ergibt, Werte erkennen. Wenn jemand jeden Morgen Wurst statt Marmelade isst, lässt sich herauslesen, dass er den Wert von Wurst höher achtet als den von Marmelade. Um ein triviales Beispiel zu nennen. Die Werte eines einzelnen müssen nicht zwangsläufig in sich stimmig sein, aber je reflektierter eine Person ist, desto eher kann man erwarten, dass ihre Werte auch in sich konsistent sind.

Die entscheidende Frage der Politik ist, wie sich Staat bzw. das politisch System zu Werten verhalten soll. Diese Frage ergibt sich aus dem Umstand, dass die Werte der Einzelnen mitunter unvereinbar sind und so zu Konflikten führen. Nehmen die Konflikte überhand droht die Gesellschaft zu zerbrechen. Da nun aber der Einzelne auf eine funktionierende Gesellschaft angewiesen ist, um seine Ziele zu verfolgen, ist die funktionierende Gesellschaft der Wert der alle anderen Werte bedingt. Das politische System ist also so auszugestallten, dass die Konflikte minimiert werden.

Ein Ansatz das Verhältnis von Staat und Werten zu bestimmen ist, das der Staat bestimmte Werte für verbindlich erklärt. Am klarsten geschieht dies in totalitären Staaten in den er der Bevölkerung eine eindeutige Ideologie vorgibt und mit autoritären Mitteln durchsetzt. Oberflächlich betrachtet ist das Problem gelöst, da alle Konflikte zu Gunsten der Staatsideologie entschieden werden. Jedoch gerät der totalitäre Staat selbst mit den Bürgern in Konflikt, nicht nur in dem er sich über ihrer eigenen Werte hinwegsetzt, sondern auch weil die Mittel eines autoritären Staates selbst die Werte der Bürger verletzt. Ein Staat, der das Denunziantentum fördert, zerstört das Vertrauen, das für funktionierende persönliche Bindungen unerlässlich ist. Ein Staat, der kein faires Gerichtsverfahren gegen seine Kritiker zulässt, wendet sich gegen das Gerechtigkeitsempfinden seiner Bürger.

Der Konflikt zwischen Staat und Bürger kann das politische System selbst gefährden. Wie man beispielsweise am Untergang der DDR sehen kann. Bestimmte Werte durch den Staat für verbindlich zu erklären, ist demnach selbst dysfunktional, es schafft mehr Konflikte als dadurch gelöst werden. Das Gegenmodell zum totalitären Staat ist das freiheitlich-demokratische System. In diesem System werden dem Einzelnen keine Werte vorgeben. Es ist möglich es über bestimmte Werte etwa die Menschenwürde zu rechtfertigen, es reicht jedoch aus es rein funktional zu begründen.

Die Konfliktbewältigung wird im freiheitlich-demokratische System auf zwei verschiedenen Weisen erreicht. Zum einen dadurch,  dass den Einzelnen Rechte zugeteilt werden, durch die ihre Entscheidungsbereiche klar voneinander getrennt werden. Zum anderen dadurch, dass dort wo augenscheinlich die Interessen Vieler berührt sind demokratische Verfahrensregeln eingeführt werden. Es werden also keine Inhaltlichen Kriterien vorgegeben sondern formale. Eine Entscheidung wird nicht ihrem Inhalt nach beurteilt, sondern anhand der Art ihres Zustandekommens. Das wirkt konfliktmindernd, weil ein größeres Maß an Übereinstimmung erreicht werden kann, als bei inhaltlichen Vorgaben. (Mehrheiten gelten als legitim weil sie zumindest oberflächlich betrachtet, das höchste Maß an Übereinstimmung wiederspiegeln.)

Indem die Grünen und nicht nur diese die Legitimität von Entscheidungen nicht mehr in demokratischen Verfahrensregeln messen, sondern an inhaltlichen Kriterien, der Übereinstimmung der Entscheidungen mit ihrem eigenen Weltbild. Sie ignorieren den rechtsstaatlichen Fortschritt und offenbaren eine Denkweise, die das politische System in Frage stellt. Würde sich das nur auf der Ebene der Meinungsäußerung niederschlagen, könnte man solche Kritik als Rhetorisches Mittel im Rahmen der politischen Auseinandersetzung betrachten. Gefährlich wird es wenn Politiker zu Aktionen aufrufen, durch die die Entscheidungen des politischen Systems ausgehebelt werden sollen. Und auch vor Gewaltandrohung gegen den Bundespräsidenten nicht zurückschrecken.

Aber das politische System ist selbstverständlich alles andere als Perfekt und kann auch zu guter Recht kritisiert werden. Erst einmal entspricht es natürlich nicht dem oben skizzierten Ideal einer wertneutralen Demokratie, sondern ist selbst im politischen Prozess entstanden und enthält wertende Elemente wie das Sozialstaatsgebot oder den Schutz der Familie als Verfassungsgebot. Aber selbst wenn solche Unvollkommenheiten nicht bestünden, wäre es alles andere als ein stabiler Ordnungsrahmen. Das Problem geht tiefer und führt dahin, dass Denkweisen, die inhaltliche Kriterien zur Beurteilung von Legitimität heranziehen, geradezu vom politischen System selbst produziert werden.

Das Kernproblem ist, dass im demokratischen System das öffentliche Interesse Priorität gegenüber den Rechten der Einzelnen besitzt. Dass führt dazu das gegen Personen Zwang ausgeübt wird, der durch die Interessen von Anderen begründet wird, die sehr viel weniger an dem in Frage stehenden Gut beteiligt sind als die Person selbst. Dieser Missstand ist systemimmanent und lässt sich nicht einfach durch eine Verfassung beseitigen, die den Rechten der Einzelnen höhere Priorität verleiht (abgesehen davon, dass eine solche Verfassung auch im politischen Prozess durchzusetzen wäre). Es entsteht die Illusion jeder habe das Recht sich in alles einzumischen und auch begrenzte Kenntnis über oder Interesse an bestimmten Fragestellungen daran nicht ändern könnten. Der Gedanke dort wo mich die Dinge kaum berühren meine Mitwirkungsrechte aufzugeben und im Gegenzug Unabhängigkeit zu erhalten verschwindet.

Da der Demokrat Entscheidungen trifft deren Konsequenzen er nicht spürt, entfällt für ihn die Notwendigkeit, seine Überzeugungen an die Realität anzupassen. Es kommt weniger darauf an ob die Überzeugungen stimmen, als dass  sie sich gut anfühlen. Moral verdrängt Kompetenz. Wenn aber der Punkt erreicht ist, an dem ich mich in die Belange andere aufgrund meiner Moralvorstellungen einmische, öffne ich mich der totalitären Vorstellung, dass der politische Prozess nicht dem Ausgleich der Interessen dient, sondern dem Durchsetzen meiner Werte.

Die einzig saubere Lösung für den Missstand ist es, die Mitwirkungsrechte jeden Einzelnen auf das zu beschränken, wofür er die größte Kompetenz besitzt: Sein eigenes Leben und sein direktes Umfeld. Ein Recht auf Gestaltung kann es nur dort geben, wo ich selbst direkt betroffen. Das allein sichert das Höchstmaß an Freiheit und politischer Stabilität. Auch wenn unser aktuelles politisches System von diesem Ideal weit entfernt ist, macht es einen qualitativen Unterschied in einem Staat zu leben, der seine Entscheidungen an formalen Kriterien ausrichtet und nicht in einem der inhaltliche Vorgaben macht.

Warum Geschlechtsdifferenz nicht gleich Diskriminierung ist

November 10, 2010

So ziemlich jedes Mal wenn eine Person des öffentlichen Lebens Frauen nicht als arme vom Patriarchat unterdrückte Opfer ansieht, sondern als mündige Menschen, die über ihr Leben selbst bestimmen können, wird Gehaltsdifferenzkeule ausgepackt. Zeigt nicht die Differenz in den Löhnen, dass Frauen massiv benachteiligt werden? Und wer das nicht sofort bejaht, wird sogleich beschimpft, er hätte ja keine Ahnung und solle die Klappe halten.

Aber die Differenz in den Löhnen zeigt tatsächlich nicht, dass Frauen massiv benachteiligt werden. Dem Schluss von der Differenz auf die Diskriminierung liegt die Annahme zugrunde, dass sich bei der Abwesenheit von Benachteiligungen eine Gleichverteilung einstellen würde und daher der Umstand, dass keine Gleichverteilung vorliegt, offenbart, dass Benachteiligungen vorliegen. Der Verweis darauf die Ungleichverteilung auf individuelle Entscheidungen zurückzuführen sind, die auf unterschiedliche Einkommenserwartungen bei Männer und Frauen führen, kann noch gekontert werden. Es müssen strukturelle Ursachen dafür benannt werden, dass Männer Berufe mit höheren Einkommenserwartungen wählen, bzw. dafür dass die Berufe die für Frauen besonders attraktiv sind an Ansehen und Gehaltsmöglichkeiten verlieren. Diese Ursachen würden die eigentlichen Benachteiligungen ausmachen, heißt es dann ohne zu konkretisieren, welche Ursachen das sein sollen.

Solche strukturellen Ursachen gibt es. Sie kommen dadurch zustande das Status für Männer und Frauen eine andere Bedeutung hat. Es haben zahlreiche Untersuchungen gezeigt, dass Status Männer für Frauen attraktiver erscheinen lässt. Damit lastete auf Männer der Selektionsdruck erfolgreich zu sein. Das heißt, dass Männer auch dann versuchen sich im Wettbewerb gegen andere Männer durchzusetzen, wenn es nicht dazu dient Frauen für sich zu gewinnen. Das hat natürlich gesellschaftliche Auswirkungen. Status und Anerkennung gibt es nicht umsonst, es liegt in ihrer Natur das man etwas aufgeben muss um sie erlangen. Daraus folgt, dass in den prestigekräftigen Berufen nur dann eine Gleichverteilung vorliegen würde, wenn die Abwägung, ob der Gewinn an Ansehen die Opfer wert ist gleich ausfallen würde. Damit ist jedoch nicht zu rechnen, da für Männer Status einen größeren Gewinn bedeutet als für Frauen. Sie sind auf diese Art von Status quasi von Natur aus gepolt. (Auch für Frauen ist Status wichtig es handelt sich jedoch um eine andere Art von Status, die sich nicht so stark in Einkommen und Beruf niederschlägt.) Solche Unterschiede stellen keine Benachteiligung dar.

Wie reagieren die Feministen auf derartige Argumente? Lassen sie sich überzeugen? Haben sie selbst überzeugende Gegenargumente? Weder noch! Für sie ist auf die Biologie Bezug zu nehmen pfui und Autobahn. Wer so etwas vertritt muss auf jeden Fall der NPD nahestehen und außerdem zeigt nicht dass es auch Frauen gibt, die in Berufen mit hohem Status oder unweiblicher Konnotation  arbeiten, dass biologische Argumente falsch sind, weil es auf das Individuum ankommt?

Natürlich ist der Einzelne durch die Biologie nicht vollständig festgelegt. Darüber hinaus gibt es in der Biologie kein Musterexemplar jeder Phänotyp weicht von den Grundbauplan seiner Spezies mehr oder weniger ab. Aber um die strukturellen Ursachen festzustellen, die zur Ungleichverteilung des Einkommens führen, reicht es aus Tendenzen aufzuzeigen und genau das haben wir getan.

Das gesagte schließt natürlich nicht aus das es weiter Mechanismen gibt die zur Ungleichverteilung beitragen und die sehr wohl eine Benachteiligung darstellen. Aber die Beweislast liegt bei den Feministen zu zeigen, dass es solche wirklich gibt, wie sie aussehen und wie sie empirisch zu belegen sind. Empirie befreites rumgeschwurbel kann man dem Feminismus nicht mehr durchgehen lassen.

 

Edit: Wie sich die besprochenen Tendenzen im Arbeitsverhalten niederschlagen, kann in der Statistik nachvollzogen werden. Das unterschiedliche Arbeitsverhalten von Männer und Frauen kann die Lohndifferenz zu großen Teilen erklären. Dem hat Christian ein Artikel gewidmet. Auch CK hatte sich schon früher mit diesem Staatsfeministschen Mythos auseinandergesetzt.

Profeministischer Terror gescheitert

November 9, 2010

Am letzten Wochenende ging das erste internationale Antifeminismustreffen zu Ende und die Veranstalter ziehen eine durchaus positive Bilanz. Das es soweit kommen konnte ist nicht selbstverständlich. Schon im Vorfeld gab es Versuche das Treffen zu verhindern. Es gab mehrere Fälle von Vandalismus verbunden mit Bekennerschreiben, die gegen das Treffen gerichtet waren. (siehe auch entsprechende Berichte bei Manifold) Diese Attacken wurden sehr ernst genommen, so sagte der Eigentümer des Grundstücks, auf dem die Veranstaltung stattfinden sollte, in Folge des Drucks ab; auch dem für das Catering zuständige Hotelier wurde es zu heiß. Zu dem Terror im Vorfeld, kamen Aufrufe die Tagungen zu stören.

Das das Treffen trotzdem wie geplant stattfinden konnte ist der Kompetenz und Improvisationsfähigkeit der Organisatoren zuzuschreiben. Von Seite der Politik und das Staates gab es keine Unterstützung, im Gegenteil man versuchte sogar die Veranstaltung zu untersagen.

Derartige Vorkommnisse sind in der Geschichte des Feminismus leider keine Einzelfälle. So sammelte der Autor Arne Hoffmann in seinem Buch Männerbeben Fälle, in denen Kritiker des Feminismus durch Mobbingaktionen mundtot gemacht wurden. Prominentestes Opfer dürfte die Schriftstellerin Esther Vilar sein, die auch auf Grund personenbezogener Gewalt Deutschland verlassen musste.

Selbst wenn man den Antifeministen keine Sympathien entgegenbringt, ist es für alle die nicht der Meinung sind, dass Gesellschaftliche Auseinandersetzungen mit Gewalt zu führen sind, ein positives Zeichen, dass der Terror nicht von Erfolg gekrönt war und das Treffen stattfinden konnte.