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Über die Anschläge in Norwegen

Juli 25, 2011

Gewöhnlich messe ich Anschläge keine große Bedeutung zu. So schrecklich diese Verbrechen für die Betreffenden und Angehörige aus sein mögen, für gewöhnlich muss man deutlich mehr Angst davor haben von einem Auto überfahren zu werden, als Terroristen zum Opfer zu fallen. Mit den Anschlägen in Norwegen verhält es sich anders. Zum einen kommt in diesem Anschlag etwas zum Ausdruck, das sich schon länger zusammenbraut zum anderen befürchte ich, dass er tatsächlich die Politik verändern wird.

Der Täter entstammt der sogenannten islamkritischen Szene, die man vielleicht besser als Nationalkonservativ beschreiben kann. Kennzeichen der neuen Nationalkonservativen ist die Angst vor der Islamisierung Europas. Es wäre unangemessen die Islamisierung an dieser Stelle zu thematisieren, wichtig ist vor allem eines: Die Art in der die Nationalkonservativen den Islam diskutieren verwischt die Individuelle Verantwortlichkeit und ist geeignet kollektives Mistrauen und Hass zu schüren. So werden zum Beispiel Vergewaltigungen als eine Strategie des Islams betrachtet. Daher kommt es in der Denkweise der Nationalkonservativen nicht darauf an, welchen Lebenswandel ein einzelner Moslem führt, er sei schon deshalb gefährlich, weil er den Islam verbreitet.

Es war nur eine Frage der Zeit bis ein durch nationalkonservatives Gedankengut motiviertes Verbrechen verübt wurde. Ich habe eher Gewalt gegen Einwanderer befürchtet, was Wirklichkeit wurde ist der Versuch Europa mit Terror zu überziehen.

Ein oft anzutreffendes Erklärungsmuster für den Anschlag ist die These, dass es sich um einen Psychopathen handle. Diese These übt unter den Nationalkonservativen ein gewisse Entlastungsfunktion aus: „Morden wollte der Täter sowieso es sei nur Zufall das er sich aus unserer Ideologie ein Rechtfertigung  dazu zimmerte“. Damit wird verdunkelt, dass es einen direkten Zusammenhang von Nationalkonservativer Ideologie mit den verübten Verbrechen gibt. Auch sonst ist von der Psychopathenthese nicht viel zu halten: Es ist denkbar das der Täter von Anfang an völlig empathielos war, aber genauso gut dass seine politische Motivation so groß war, dass er sich seine Menschlichkeit selbst abtrainiert hat. Wer eine Ideologie aufbaut, die seine Gegner entmenschlicht und ihnen die größten Verbrechen andichtet, wird damit auch seine Hemmungen verlieren.

Wie bereits Zettel geschrieben hat, ist für Extremisten Mord nicht immer irrational. Es besteht die Gefahr, dass der Attentäter die Politischen Koordinaten in seinem Sinne verschiebt. Es gibt verschiedene Mechanismen, die ihm in die Hände spielen:

  • Die Tat verschafft Aufmerksamkeit, Menschen denen die Ideen der Nationalkonservativen bis gestern unbekannt waren, kommen nun mit ihnen in Kontakt. Einige werden diese Ideologie als ansprechend empfinden.
  • Es gibt das Kalkül, das man die Forderungen des politischen Gegners sich selbst zu Eigen macht, um diesem den Wind aus dem Segel zu nehmen. Möglicherweise versuchen die etablierten Parteien eine ähnliche Strategie gegenüber den Antiislamisten zu fahren.
  • Sollte sein Beispiel Schule machen, ist es denkbar, dass Kritiker des Antiislamismus nicht mehr den Mut aufbringen sich öffentlich erkennen zu geben. Veranstaltungen, die besonders im Fadenkreuz  der Terroristen stehen können dann nicht mehr organisiert werden.

Diese Vorteile können aus Sicht des Täters den Misskredit aufwiegen, mit dem das Verbrechen für den Nationalkonservativismus einher geht.

Besonders erfolgversprechend ist der Terrorismus auch deshalb weil unseren Eliten in Medien und Politik der Charakter fehlt sind Terror zu wiedersetzten. Nach dem islamistischen Terror begann man Aktionen zu untersagen, die die Islamisten „provozieren“ könnte. Nach dem Anschlag in Norwegen ließen es die Medien zu, sich für die Selbstinszenierung des Täters instrumentalisieren zu lassen. Was sich zum Beispiel daran zeigt, dass zur Illustration der Berichterstattung Bilder verwendet werden, die der Täter selbst zum Zweck der Selbstheroisierung angefertigt hat. In Artikeln über eine Wissenschaftlich Studie fehlen häufig die Angaben, die notwendig sind, um die Studie zu recherchieren. Nicht so hier. Im alten Rom gab es die Damnatio memoriae, ein Strafe durch die der Delinquent der Vergessenheit anheimfallen sollte. Dies wäre der Angemessen Umgang mit Taten, die dazu dienen die Öffentlichkeit zu erreichen.