Die libertäre Plattform in der FDP ist ein Zusammenschluss Libertärer mit dem Ziel freiheitliche Positionen in der FDP wieder zu stärkerem Gewicht zu verhelfen. Nun ist ein Thesenpapier zum Thema Schulpolitik erschienen, dass zeigt wie ein liberales Schulsystem aussehen müsste, warum Chancengleichheit ein problematisches Konzept ist und warum der deutsche Schulzwang eine unrühmliche Ausnahme darstellt. Insgesamt sehr lesenswert, wenn auch etwas länglich.
Archive for the ‘liberales Argument’ Category
Libertäre Plattform stellt Thesenpapier vor
Januar 14, 2009Erkenntnistheorie in den Weltanschauungen
Januar 12, 2009Nach vielen Auseinandersetzungen mit Menschen aus allen politischen Lagern, denke ich innerhalb dieser Lager bestimmte Gemeinsamkeiten ausmachen zu können. Eine der wichtigsten gemeinsamen Nennern der Anhänger einer bestimmten Weltanschauung ist ohne Zweifel, die Art und Weise wie der Wahrheitsgehalt einer Aussage ermittelt wird. Es geht in diesem Artikel also im die implizite Erkenntnistheorie, die mit einer Weltanschauung einhergeht.
Implizit ist diese Erkenntnistheorie daher, weil ich mich auf die Methode beziehe, mit der tatsächlich Argumente gewonnen werden und nicht auf die öffentlich gemachten Reflektionen der entsprechenden Anhänger, allein schon weil die meisten Kommentatoren ihre Erkenntnistheorie nicht reflektieren.
Am leichtesten fällt es die implizite Erkenntnistheorie der Linken zu identifizieren. Häufig werden Verweise auf ökonomisch Zusammenhänge mit der Behauptung beiseite gewischt, diese seien ein Produkt des kapitalistischen Systems und würden nur für diese Geltung besitzen. Interessant sind auch die Mittel, mit denen Andersdenkende als National Sozialisten identifiziert werden, die ohne das ausführen zu wollen schon formallogisch fehlerhaft sind. Der typische Linke lehnt also schon die Vorstellung ab, dass es in der Wirklichkeit festgelegte Strukturen gibt, die auf wissenschaftliche Weise erkannt werden können. Theorien über solche Strukturen seinen das Produkt der Sozialisation, des Klassenstandpunktes oder ein Mittel um eigene Interessen durchzusetzen. Dies ist die Position des Konstruktivismus, Begriffe entstehen diesem zufolge nicht als Abstraktionen der Wahrnehmungen, sondern die Wahrnehmung wird den Begriffen so angepasst, dass diese einen Sinn ergibt. Die Wahrnehmung könne somit nicht herangezogen werden, um Aussagen ihrer Adäquatheit nach zu beurteilen, alle Theorien seien gleichwertig.
Dieser Befund wirkt verblüffend haben Linke doch ihre eigenen Theorien über politische Zusammenhänge. Dieser Wiederspruch lässt sich lösen, wenn man davon ausgeht, dass linke Theorien nicht als Tatsachenbehauptung gemeint sind, sondern als Mittel der politischen Auseinandersetzung, etwas gilt als richtig, wenn es dem linken Programm nutzt, eine empirische Überprüfung ist nicht erwünscht. So ist z.B. die marxistische Arbeitswertlehre so formuliert, dass sich aus ihr keine Voraussagen über das wirtschaftliche Geschehen machen kann (die Krisentheorie wurde von Marx nie geschlossen formuliert, das Gesetz der fallenden Profitraten ist ein alleinstehendes Postulat, sie widersprechen meiner Aussage also auch nicht), jedoch folgt aus ihr die politische Forderung, dass Kapitaleinkommen eigentlich den Arbeitnehmern zustünden.
Da die Aussagen von Linken nicht als Tatsachenbehauptung gemein sind, sind direkte Angriffe gegen sie meist undankbar: Linke werden beliebig viele ad-hoc-Annahmen machen um sie zu stützen und selbst vor logischen Widersprüchen nicht halt machen. Dies ist die Ursache dafür, dass man oft den Eindruck hat Linke würden sich das analytische und differenzierte Denken abgewöhnen.
Anders verhält es sich mit dem Ansatz der Liberalen, sie bedienen sich in der Argumentation ökonomischer Modelle und deduktiven Schlüssen, die von allgemeinen Prinzipien gestützt werden, sowie historischen Beispielen. Sie gehen also davon aus, dass die Wirklichkeit Strukturen enthält, die der menschlichen Erkenntnis zugänglich sind, womit ihre implizite Erkenntnistheorie dem Realismus zuzuordnen ist. Liberale glauben Aussagen über die Welt machen zu können, die diese adäquat beschreibt, da sie sich jedoch bewusst sind, das sie nicht über alle relevanten Informationen verfügen, rechnen sie damit, das es zu Ereignissen kommt, die ihren Erwartungen widersprechen. Daher kann man weiter präzisieren, dass Liberale in der Regel hypothetische Realisten sind, die bereit sind ihr Urteil über die Welt zu revidieren. So fanden etwa der Keynesianismus und der Monetarismus ihren Niederschlag in der Entwicklung des Neoliberalismus. Daraus darf natürlich nicht gefolgert werden Liberale seinen in erster Linie Empiriker, in der Rechtsbegründung gehen sie fast ausschließlich von a priori Überlegungen aus, auch die Österreichische Schule legte wenig Wert auf empirische Fakten.
Die implizite Erkenntnistheorie der Konservativen abzuschätzen fällt am schwersten: Zum einen bewegt sich ihr Denken stark im Abstrakten, Begriffe wie Gott, Treue und Tradition spielen eine wichtige Rolle, auch das organische Staatsverständnis ist hier zu Hause, zum anderen bedient sich die konservative Argumentation primär ultraempirischer Disziplinen, wie Historie und positivem Recht. An wirtschaftlichen Fragen hat der typische Konservative kaum Interesse, meist hegt er antikapitalistische Ressentiments oder übernimmt liberale Positionen.
Die eigene Position findet der Konservative mittels empirischer Induktion: was heute richtig und geeignet ist das Leben zu bewältigen wird es auch morgen noch sein. Interessant ist hier das Fehlen theoretischer Hilfsbegriffe, wie sie beim Bilden wissenschaftlichen Hypothesen üblich sind, die der direkten Überprüfung nicht zugänglich sind. So wird aus der Nützlichkeit des Christentums, auf die der Zehn Gebote und spezieller des Tötungsverbots geschlossen und so etwa die Abtreibung verworfen, aber keine rechtstheoretischen Überlegungen dazu angestellt. Auch komplexe Konstrukte wie die Ehe oder der Staat werden nicht in ihren Bestanteilen analysiert.
Insgesamt zeichnet sich der Konservativismus durch eine Skepsis gegenüber theoretischer Überlegungen aus, hat aber keine Hemmungen sich abstrakter, komplexer Begriffe zu bedienen. Die plausibelste Erklärung dafür ist, dass sich der Konservative nicht bewusst ist, das diese Begriffe der Wahrnehmung nicht unmittelbar zugänglich ist, da z.B. das organische Staatsverständnis ihn davon abschirmen. Um die Sache zusätzlich zu komplizieren betrifft die Skepsis gegenüber dem über das Unmittelbare hinausgehende, nur die eigene Position, gegenüber politischen Gegnern bringen Konservative oft weitreichende theoretische Überlegungen an. Sie lassen sich am ehesten als radikale Empiriker beschreiben, auch wenn das das Außenverhältnis nicht richtig wiedergibt.
Nachtrag:
Aus den geschilderten Beobachtungen geht hervor, dass die Art und Weise wie die Anhänger der verschiedenen Weltanschauung Erkenntnisse gewinnen stark voneinander abweicht. Die Frage wie es dazu kommt muss ich offenlassen, fest steht jedoch, dass die jeweilige implizite Erkenntnistheorie dazu verwendet werden kann Informationen zu verwerfen, die nicht ins Weltbild passen. Dies macht den Versuch andere von seinen Ansichten zu überzeugen zu einer undankbaren Angelegenheit. Positiv ist aufgefallen, dass die liberale Art die Welt zu begreifen der wissenschaftlichen Methode und dem gesunden Menschenverstand am nächsten kommt. Dies darf nicht darüber hinweg täuschen, dass auch die großen liberalen Theoretiker häufiger Quasi-Transzendentalphilosophie betrieben, d.h. sie fragen, was die Bedingungen sind bestimmte Erfahrungen machen/auf betimmte Art handeln zu können und leiten daraus ihre Schlusse ab. (Die Österreicher und mit ihnen Rothbard und Hoppe gehen so vor.) In diesem Blog will ich dazu beitragen hier mehr Gleichgewicht zu schaffen und das empirische Fundament des Liberalismus stärker hervor treten zu lassen.
Evolution gewaltausübender Institutionen und ‚stochastic escape‘
November 17, 2008Gegenüber radikal-liberalen Vorschlägen werden häufig zwei Argumente vorgetragen. Der erste betrifft die Vorstellung einer Gesellschaft ohne Gewaltmonopol. Es lautet, dass die Tatsache das wir heute überall auf der Welt Staaten haben, zeige, dass Gemeinschaften ohne Gewaltmonopol von jenen die damit ausgestattet sind verdrängt werden oder dieser Zustand nicht stabil sei. Das zweite richtet sich gegen radikale Reformen im Allgemeinen: Da unser Wissen nicht ausreicht um a priori die geeignetsten Institutionen zu finden, müsse man diese durch einen fortgesetzten Prozess von ‚Trial and Error‘ herausfinden. Anstelle großer Veränderung sei es ratsam kleine vorzunehmen, Fehler zu korrigieren und so die Institutionen inkrementell zu verbessern.
Diese Argumente sind sehr ernst zu nehmen, den die hinter ihnen stehenden Konzepte haben, sich an anderer Stelle bewehrt. Zudem kommt die Betrachtungsweise von Institutionen als Produkte eines evolutionären Prozesses meinem Weltbild sehr entgegen. Was lässt sich diesen Argumenten entgegen?
Zunächst muss festgestellt werden, dass die inkrementelle Vorgehensweise, zwar in Situationen, in denen wenig Informationen vorliegen sehr hilfreich ist, aber in bestimmten Situation mit hoher Wahrscheinlichkeit versagen. Das sind die Situationen in der man eine Lösung gefunden hat, die in einem lokalen Extremum liegt. D.h. jede Lösung, die der gefundenen ähnelt, ist weniger zufriedenstellend als diese, was jedoch nicht ausschließt, dass eine sehr Unterschiedliche sehr viel besser wäre. Solche lokalen Extrema sind in komplexen Systemen, wie einer Gesellschaft von Menschen eher die Regel denn die Ausnahme, ein Beispiel wäre die Regulierung im Finanzwesen: etwas Deregulierung führt zu Instabilität des Systems, schafft man dann Zentralbank und beschränkte Haftung ab und führt Währungskonkurrenz ein erhöht sich die Stabilität wieder (siehe etwa Kevin Dowd, ‚laissez-faire banking‘). In solchen Situationen führt der Gradualismus dazu, dass man bei einer schlechten Lösung verharrt und es wäre besser einen großen Wurf zu wagen.
Ähnlich lässt sich gegen die erste Entgegenhaltung argumentieren: Dass sich Staaten bisher durchgesetzt haben, bedeutet noch lange nicht, dass es kein Modell gäbe, das sich gegen diese durchsetzten könnte. In der Evolution verharrt ein System öft sehr lange in einem lokalen Maximum bis eine zufällige Schwankung es aus diesem herauskatapultiert und neue Möglichkeiten eröffnet. Diesen Prozess nennt man ‚stochastic escape‘.
Bei einer solchen Flucht können Eigenschaften aus dem früheren Zustand mitgenommen werden. So sind Atomwaffen, Internet und die hohe Mobilität moderner Gesellschaften Errungenschaften, die die Möglichkeit innerer und äußerer Eroberung stark beeinflussen dürften und die es zu der Zeit nicht gab, als sich die territorial verfassten Staaten gebildet haben.
Ancapistan mag wie eine Gesellschaft aus dem Reisbrett aussehen, so dass erste Versuche es zu errichten wohl scheitern müssen. Wenn jedoch zahlreiche, mutige Versuche unternommen werden und frühere Erfahrungen angemessen berücksichtigt, stehen die Chancen nicht schlecht die Keimzelle für eine Gesellschaft zu legen, die nach und nach Unfreiheit und Elend von der Welt verdrängt.
Was für wirtschaftliche Freiheit spricht
November 4, 2008Liberale stehen im Verdacht herzlose, kalte Menschen zu sein, denen Geld wichtiger ist, als Wohl und Wehe von Unbill betroffener Menschen. Eine Ursache hat diese Wahrnehmung m.E. in den ökonomischen Argumenten, denen sich Liberale bedienen. Blickt man in ein Lehrbuch der Ökonomie ist die oberste Frage tatsächlich die, ob effizient mit Ressourcen umgegangen wird. Dies ist der eigentliche Gegenstand der ökonomischen Forschung. Obwohl wissenschaftlich einwandfrei schaffen es ökonomische Argumente in der Regel nicht die Öffentlichkeit zu überzeugen, das legt den Verdacht nahe das Werturteile der Grund für den Dissens sind.
Wenn man sich schon an utilitaristischen Normen orientiert, ist ein Indikator für die Lebenszufriedenheit aussagekräftiger als rein materielles Wohlergehen. Tatsächlich zeigt die Glücksforschung, dass materieller Reichtum auf die Lebenszufriedenheit nur geringen Effekt hat, wenn ein bestimmtes Niveau (1995: 13,000$) überschritten wurde (1). Insofern hat die Geringschätzung schnöden Mammons eine gewisse Berechtigung. Es erscheint daher ratsam, dass man in politischen Auseinandersetzungen weniger Anhand des materiellen Reichtums argumentiert, sondern andere Kriterien zurate zuziehen. Ein wichtiges Kriterium, das in polit-ökonomischen Entscheidungen eine Rolle spielt und deutlich mit der Lebenszufriedenheit korreliert, ist die Kontrolle über das eigene Leben (2). Politische Maßnahmen sollten nicht dazu führen, dass Individuen diese Kontrolle verlieren.
Linke sprechen in diesem Zusammenhang oft den Unterschied zwischen negativer und positiver Freiheit an und befürworten die positive. Die bedeutet in der Praxis nicht anderes als alle Menschen ohne Vorbedingung mit ein bestimmtem Einkommen auszustatten. Was hier übersehen wird, ist das Kontrolle über das eigene Leben zu haben die Möglichkeit, zu scheitern, einschließen muss. Martin E.P. Seligman konnte zeigen, dass Menschen, denen unabhängig von den eigenen Handlungen ausschließlich positives Wiederfährt, erst den Antrieb verlieren selbst aktiv zu werden und dann depressiv werden (3). Die Menschen sollten nicht vor den Konsequenzen ihrer Handlungen geschützt werden. Eine Person, die Kontrolle ausübt und die Konsequenzen dafür trägt, hat Verantwortung.
Es ist also sinnvoll Maßnahmen zu unterstützen, die die Verantwortung der Personen für ihr Leben achten und bewahren, selbst wenn dies mit materiellen Einbußen verbunden ist. Dies wird durch die Institutionen des Privateigentums und der Vertragsfreiheit gewährleistet. Auf politischer Ebene ist der Respekt vor diesen Institutionen das Maß an wirtschaftlicher Freiheit. Nach diesen Ausführungen wird es nicht überraschen, dass es einen starken Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Freiheit und dem subjektiven Glücksempfinden in einem Land gibt (4), sogar einen stärkeren als, den zwischen der politischen Freiheit oder der persönlicher Freiheit und Glücksempfinden.
Was anfing als quasi-utilitaristische Argumentation endet als Plädoyer für liberale Prinzipen, die auch deontologisch begründet werden. Liberale haben allen Grund auf diese Prinzipien stolz zu sein. Um sie zu vermitteln sollte weniger an den Geldbeutel der Menschen appelliert werden, sondern an die Fähigkeit, Einfluss auf sein eigenes Leben zu haben.
Ich gebe zu das war sehr komprimiert argumentiert, daher empfehle ich zur Vertiefung die Beschäftigung mit meinen Quellen:
[1] R Inglehart, HD Klingemann – Culture and subjective well-being, 2000
[2] R Larson – Psychological Reports, Is feeling“ in control“ related to happiness in daily life? 1989
[3] Martin E.P. Seligman – ‘Helplesness. On Depression, Development and Death’, San Francisco 1975 (dt. ’Erlernte Hilflosigkeit’ ISBN 978-3-407-22016-5)
[4] R Veenhoven – ‘FREEDOM AND HAPPINESS A comparative study in 46 nations in the early 1990’s’, Punkt 4.2