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Geistiges Eigentum und das kollektive Gedächtnis

März 7, 2013

Für viele Verfechter des geistigen Eigentums steht fest, dass es ohne geistiges Eigentum viel weniger kreative Schöpfungen existieren würden und Einschränkung der Freiheit, die mit dem geistigen Eigentum einher geht, damit gerechtfertigt ist. Ich halte diese These schon für gewagt, aber gehen wir einen Moment davon aus, das wegen dem geistigen Eigentum tatsächlich mehr Werke geschaffen werden. Heißt das automatisch auch der Pool an Werken, aus dem der Einzelne schöpfen kann, größer ist? Nein, denn durch das geistige Eigentum verschwinden auch viele Werke wieder aus dem kollektiven Gedächtnis.

Ein Buch, Computerspiel oder Film erhalten kurz nach ihrer Erscheinung die meiste Aufmerksamkeit. Viele Menschen verwenden neuerschienene Werke, sie sind in den Medien und man spricht darüber. In der Regel geraden diese Dinge aber wieder in Vergessenheit. Je länger seine Veröffentlichung zurückreicht, desto schwieriger wird es, das Werk zu an sich bringen. Wie jeder sicher selbst schon erlebt hat. Es kommen daher immer weniger Menschen damit in Kontakt. Damit schwindet auch das Wissen, dass es dieses Werk überhaupt gibt. Schließlich ist es ganz aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden. Es verstaubt in Bibliotheken ohne, dass es je ein Mensch wieder zur Kenntnis nimmt. Nur wenige Klassiker können diesem Schicksal entgehen.

Das Geistige Eigentum ist für diesen Prozess entscheidend. Es verbietet, ein Werk zu vervielfältigen, wenn man einer Kopie habhaft werden konnte und verhindert, dass man so zu seiner Weiterverbreitung beitragen kann. Das geistige Eigentum fordert, dass man Werke nur von einer Autorisierten Quelle beziehen kann. Dadurch schafft es Probleme, wenn sich der Lebenszyklus einer Schöpfung dem Ende nähert. Die Nachfrage ist dann so gering, dass alle Stellen, die dazu autorisiert wurden, den Vertrieb einstellen. Wäre es in diesem Stadium möglich, das Werk ohne weiteres zu kopieren, könnte jeder der es besitzt als Multiplikator dienen und es so im kollektiven Gedächtnis halten.

Der Nutzen des geistigen Eigentums ist also sehr fraglich. Selbst wenn es tatsächlich zu mehr künstlerischer Produktion führt, ist es wahrscheinlich, dass der Verlust durch in Vergessenheit geratene Werke den Gewinn übersteigt.

Haben geistiges Eigentum und physisches Eigentum gemeinsame Wurzeln?

Oktober 23, 2011

Es ist kein Geheimnis, dass die mit dem Internet großgewordene Generation ein anderes Rechtsverständnis gegenüber dem Geistigen Eigentum zeigt, als die älteren. File-Sharing und andere Methoden, um Inhalte auszutauschen erfreuen sich großer Beliebtheit und machen dabei auch vor den Grenzen des Gesetzgebers keinen Halt. Dabei scheinen die Beteiligten noch nicht einmal ein allzu großes Unrechtsbewusstsein entwickelten. Unter Konservativeren Zeitgenossen wird diese Entwicklung mit Sorge betrachtet. Ihnen gilt die Erosion des Respekts vor dem geistigen Eigentum als Niedergang des Respekts vor dem Eigentum allgemein. Doch ist das tatsächlich so oder sind geistiges und physisches Eigentum nicht vielmehr völlig unterschiedliche Dinge?

Ein oft gebrauchtes Argument für eine solche Verbindung ist, dass das Recht auf Eigentum der Leistung entspringt, die ein Einzelner erbracht hat. Ebenso, wie der Bauer ein Anspruch auf die Saat erhält, weil er für sie den Boden bestellt hat, habe ein Dichter ein Anrecht auf das Gedicht, das er erdachte. Es handelt sich also um ein Gerechtigkeitsargument. An diesem Argument ist einiges auszusetzen.

So entspricht es kaum mehr der Lebenswirklichkeit der meisten Menschen, die in der Regel keinen Landwirtschaftlichen Betrieb führen. (Relevant ist diese Betrachtung tatsächlich nur im Primärsektor) Ein Arbeitnehmer oder Selbständiger erhält einen Anspruch auf seinen Lohn, weil er mit seinen Arbeitgeber bzw. Kunden einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen hat. Die Quelle des Eigentums sind hier also freiwillige Vereinbarungen. Aber welche freiwillige Vereinbarung habe ich mit einem Erfinder getroffen, dass er das Recht erhält mich an dem Nachbau seiner Erfindung zu hindern?

Ob eine Handlung als Leistung zählt muss sich daran zeigen, dass andere bereit sind für diese Leistung eine Gegenleistung zu erbringen oder ob der Handelnde selbst ein Nutzen daraus ziehen kann. Bestehen diese Voraussetzungen nicht, kann der Handelnde auch nicht erwarten für sein Handeln eine Abgeltung zu erhalten. Übertragen auf unseren Fall bedeutet das, dass das Gerechtigkeitsargument nicht greift, da dem Schöpfer eines Werks im Vornherein klar sein muss, was er als Gegenleistung für sein Schaffen erhalten kann und seine Leistung mit Erhalt des Vereinbarten Lohns abgegolten ist. Um die Gerechtigkeit einzuhalten ist es also unerheblich, ob geistiges Eigentum besteht oder nicht. Natürlich lässt sich an der Stelle einwenden, ob es in der Summe mehr Nutzen schafft, wenn man Geistiges Eigentum definiert, nur ist das kein Gerechtigkeitsargument mehr. Mit dem Nutzargument werde ich in einem späteren Artikel auseinandersetzten.

Das Gerechtigkeitsargument geht von der Annahme aus, dass der Eigentumsbegriff so geschaffen wurde, dass Leistungen in den gesellschaftlichen Interaktionen angemessen berücksichtigt werden. Wir haben jedoch gesehen, dass der Ursprung des Eigentums nicht die Leistung ist, die jemand erbringt, sondern vielmehr der Eigentumsbegriff bestimmt, was als Leistung gelten kann. (Genauer: der Eigentumsbegriff stellt den Rahmen für die Integrationen, die bestimmen was Leistung ist.)Es stellt sich also die Frage, wodurch das Eigentum begründet wird.

Weiter oben polemisierte ich gegen das Geistige Eigentum mit der Frage: „welche freiwillige Vereinbarung habe ich mit einem Erfinder getroffen, dass er das Recht erhält mich an dem Nachbau seiner Erfindung zu hindern?“ Kommunisten verschärfen, diese Argumentation noch indem sie fragen: „welche freiwillige Vereinbarung habe ich mit einem Eigentümer getroffen, dass er das Recht erhält mich an der Nutzung der Gegenstände die ihn gehören zu hindern?“ Wenn geistiges und physisches Eigentum tatsächlich den gleichen Ursprung hätten, müsste man das Prinzip, das hinter der jeweiligen Frage steht, auf die gleiche Weise behandeln.

Versuchen wir die Prinzipien mit Hilfe eines verallgemeinerter kategorischen Imperatives zu beurteilen: Ist es denkbar, dass das den Fragen zugrunde liegende Prinzip allgemeine Geltung haben? Das hinter der ersten Frage stehende Prinzip ist, dass das Recht eine Erfindung zu nutzen nur aufgrund einer freiwilligen Vereinbarung eingeschränkt werden kann. Dies ist sicherlich der Fall, eine Idee anzuwenden beansprucht keine Ressourcen, die an anderer Stelle fehlen würden. Anderes das Prinzip hinter der zweiten Frage: Die Nutzung physischer Gegenstände darf nur aufgrund von freiwilligen Vereinbarung eingeschränkt werden. Dieses Prinzip kann unmöglich allgemein gelten, da es rein logisch nicht denkbar ist, dass zwei Personen gleichzeitig die physische Kontrolle über den gleichen Gegenstand ausüben. Ebenfalls ist es unmöglich gleichzeitig den gleichen Gegenstand zur Nutzung bereitzuhalten ohne eine Vereinbarung über mögliche Konfliktfälle zu treffen.

Wenn man nun fordert, dass der Umgang miteinander durch allgemeine Prinzipien geregelt sein soll, muss zu diesen Prinzipien eine Norm über physisches Eigentum gehören. Ähnliches lässt sich über geistiges Eigentum nicht sagen. Damit ist klar, dass die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz des physischen Eigentums Normen nachbilden, die sich auch durch freiwillige Interaktionen herausbilden würden, während die Bestimmungen zum Schutz des geistigen Eigentums eine reine juristische Fiktion darstellen. Aus diesen Gründen ist es meines Erachtens absurd zu erwarten, dass ein „Raubmordkopierer“ plündernd durch die Lande ziehen wird. Die Achtung des Eigentums wird durch die Missachtung des geistigen Eigentums nicht tangiert, da es sich um grundsätzlich unterschiedliche Dinge handelt.

Es geht auch ohne Geistiges Eigentum

Mai 27, 2010

Das zeigt zumindest ein TED-Talk, der sich mit der Rolle des geistigen Eigentums in der Modeindustrie beschäftigt. Sehenswert. (via erzliberal)