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Lohnt es sich noch zu sparen?

November 17, 2016

Jeder muss für sich selbst definieren welche finanziellen Ziele er sich setzt und mit welchen Mitteln er diese erreichen will. Das wirtschaftliche und politische Umfeld bestimmen welche Mittel verfügbar sind. Je nach politischer Lage können also manche Ziele nicht oder nur noch mit sehr viel höherem Aufwand erreicht werden. Angesichts der langen Phase der Nullzinsen stellt sich die Frage, welche finanziellen Ziele überhaupt noch realistisch zu erreichen sind.

Die wichtigsten finanziellen Zielsetzungen sind Finanzieller Schutz und eine zumindest teilweise finanzielle Unabhängigkeit. Daneben kann auch der Wunsch nach besonders teuren Konsumgegenständen eine langfristige Finanzielle Planung erfordern. Hier wären als erstes die Immobilie und das Auto zu nennen.

Finanzieller Schutz ist dann erreicht, wenn unerwartet hohe Ausgaben und kürzere Phasen ohne Verdienst aus eigenen Mitteln überbrückt werden können. Als Richtwert für den finanziellen Schutz gelten liquide Mittel in Höhe von drei bis sechs Monatsausgaben. Finanzielle Freiheit heißt über ein Kapitaleinkommen zur verfügen, dass die Lebenshaltungskosten deckt.

Wie wichtig sind diese Ziele und können sie überhaupt noch realistischer Weise erreicht werden? Finanzieller Schutz sollte wirklich jeder anstreben. Wenn man ihn erreicht hat, ist man diverse Sorgen los. Die Frage ob am Ende vom Geld noch Monat übrig ist, stellt sich nicht mehr. Man kann den Unsicherheiten des Lebens mit mehr Gelassenheit entgegensehen. Das befreit die mentalen Ressourcen für wichtigere Themen.

Als das Mittel der Wahl um finanziellen Schutz zu erreichen gelt das Ansparen auf einem Tagesgeldkonto und vergleichbare Anlagen wie Geldmarktfonds. Diese Anlagevehikel haben den Vorteil, dass sie sehr schnell verfügbar sind und kaum Ausfall- oder Markrisiken aufweisen, so dass sie in dem üblichen wirtschaftlichen Umfeld tatsächlich ausreichen um finanziellen Schutz zu gewährleisten. Dies ändert sich jedoch in einem stark inflationären oder deflationären Umfeld. In einer solchen wirtschaftlichen Lage droht entweder ein starker Kaufkraftverlust (Inflation) oder es besteht eine hohes Risiko das auch ansonsten sichere Gegenparteien in Konkurs gehen (Deflation). Es ist also empfehlenswert einen Teil der sicheren Reserve nicht nur als Tagesgeld zu halten.

Als Alternativen bietet sich als Absicherung gegen eine Deflation Bargeld an. Zur Absicherung gegen Inflation helfen Devisen, Edelmetalle oder Kryptowährung. Devisen haben den Vorteil hoher Liquidität, allerdings haben sie auch den Nachteil, dass sie selbst Inflation unterliegen und das wirtschaftliche Umfeld weltweit meistens sehr ähnlich ist: haben wir in Europa galoppierende Inflation, dann wahrscheinlich auch in den USA. Ein weiterer Nachteil: Lebt man in einem Wirtschaftsraum mit harter Währung muss man mit eine negativen Rendite auf seine Devisenbestände rechnen.

Durch Edelmetalle kann man sich gut vor Inflation und Deflation schützen. Allerdings sind die Wertschwankungen hier verhältnismäßig hoch. Der gravierendste Nachteil ist jedoch, dass Edelmetalle im Vergleich zu den anderen Alternativen wenig liquide sind. Kryptowährungen sind als Vehikel für den finanzieller Schutz sehr interessant. Sie sind deutlich liquider als Gold, aber genauso unabhängig vom Wirtschaftlichen Umfeld. Allerdings sind die Wertschwankungen extrem, der Hauptnachteil ist jedoch die Unsicherheit darüber welche Kryptowährungen auch in Zukunft eine hohe Akzeptanz finden. Wie sich in diesem Abriss schon andeutet, das Thema finanzieller Schutz ist vielschichtiger als es auf dem ersten Blick den Anschein hat. Schon hier kann einen finanzielle Bildung helfen besserer Entscheidungen zu treffen.

Die Absicht eine teilweise finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen verbirgt sich oft in dem Wunsch die Rentenlücke im Alter zu füllen. Dies sollte jedoch nicht der einzige Grund sein finanzielle Unabhängigkeit anzustreben. Finanzielle Unabhängigkeit verschafft auch dann zusätzlich Optionen für die eigene Lebensgestaltung, wenn sie nicht ganz erreicht ist. Man ist weniger abhängig vom Beruf und der Schritt in die Selbstständigkeit kann einem leichter fallen. Mit steigender finanzieller Unabhängigkeit entfällt der Zwang einer Erwerbsarbeit nachzugehen sogar ganz, was entsprechende Freiräume für eigene Projekte lässt. Andererseits gilt jedoch auch, dass man nicht mehr damit rechnen kann, dass der Staat allen seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommen kann. Es wäre daher leichtfertig sich im Alter allein auf den Staat zu verlassen.

Es hat sich gezeigt, dass das einzige Mittel ist finanzielle Unabhängigkeit mit realistischen Aufwand zu erreichen unternehmerische Beteiligung in ihren unterschiedlichen Formen ist. Die radikalste Form unternehmerischer Beteiligung ist es wenn man sein eigenes Unternehmen aufbaut. Zwar sind hier die Chancen am größten, jedoch erfordert, dieser Weg ein enormes Engagement und Risikobereitschaft. Auf der anderen Seite des Spektrums haben wir die Investition in ein diversifiziertes  Aktienportfolio. Dazwischen gibt es zahlreiche Abstufung von der aktiven Aktienanlage über Beteiligung bis hin zum Immobilienhandel. Interessant ist vor allem die Aktienanlage. Sie erlaubt es die finanzielle Unabhängigkeit anzustreben ohne hohe Risiken eingehen zu müssen oder sein Lebensstil seiner Anlageentscheidung total anpassen zu müssen. Das Thema Aktienanlage werde ich in kommenden Artikeln weiter vertiefen.

Insgesamt zeigt sich also, dass je mehr man sein Leben eigenverantwortlich und selbstbestimmt leben will, desto ehrgeiziger man in seinen finanziellen Zielsetzungen sein muss. Die wirtschaftliche und politische Lage hat zwar einen enormen Einfluss darauf wie leicht sich diese Ziele erreichen lassen, jedoch kann einen auch in schwierigen Zeiten das richtige finanzielle Wissen Optionen verschaffen, das eigene Leben zum Besseren zu wenden. Die wichtigste Investition ist also nicht die konkrete Wertsumme, die man anlegt, es ist die Investition in die eigene finanzielle Bildung.

In der Reise zur finanziellen Unabhängigkeit geht es um mehr als nur ein paar Zahlen auf dem Bildschirm. Sie fordert Charakter und Intellekt und bildet diese zugleich. Aus diesem Grund werde ich in Zukunft auch vermehrt über finanzielle Themen schreiben.

Die wahren Kosten der Inflation

August 27, 2012

Ein Thema das das Zeitgeschehen zumindest unterschwellig prägt ist die Frage, ob es zu einer Inflation kommen wird und welche Folgen sie haben wird. Zumeist stehen die wirtschaftlichen und sozialen Folgen im Vordergrund. In meiner derzeitigen Abendlektüre „Masse und Macht“ von Elias Canetti bin ich auf ein sehr Interessantes Kapitel gestoßen. Canetti beschäftigt sich hier mit den psychischen Folgen der Inflation von 1923. Schenkt man den Ausführungen Canettis Glauben, muss man zu den Schluss kommen, das die psychologischen Kosten einer Hyperinflation beträchtlich sind und leicht die sozialen und wirtschaftlichen Kosten übersteigen können.

Canetti führt aus: “Was früher eine Mark war, heißt jetzt 10 000, dann 100 000, dann eine Million. Die Gleichsetzung des einzelnen Menschen mit seiner Mark ist dadurch unterbunden. Sie hat ihre Festigkeit und Grenze verloren, sie ist jeden Augenblick etwas anderes. (…) Der Mensch der ihr früher Vertraut hat kommt nicht umhin, ihre Erniedrigung als seine eigene zu empfinden. (…) der Mensch fühlt sich so schlecht wie das Geld, das immer schlechter wird; und alle zusammen sind diesem schlechten Gelde ausgeliefert und fühlen sich zusammen ebenso wertlos. “ (Elias Canetti: „Masse und Macht“ S. 217f.)

Laut Canetti ist der Wertverlust des Geldes unmittelbar mit der Demütigung derjenigen verbunden, die es verwenden. Canetti führt zwei Motive an die diesen Zusammenhang begründen. Das erste ist die der Verlust des Vermögens: „Der Prozess der Schatzbildung hat sich in sein Gegenteilverkehrt. (…)Es kommt nicht mehr dazu, es wird alles immer weniger, jeder Schatz verschwindet.“ (ebd.) Das zweite der Verlust der Verlässlichkeit des Geldes. Das diese Erlebnisse eine so schwere psychologische Wirkung haben können lässt sich meiner Meinung nach folgendermaßen erklären: Das Vermögensbildung ist für viele ein Teil ihrer Lebensplanung. Das Vermögen bietet Sicherheit in Zeiten des Umbruchs und Einkommen; um es zu erlangen sind Jahre der Disziplin erforderlich. Durch den plötzlichen Verlust des Vermögens erweisen sich die Mühen als vergebens. Damit entzieht sich dieser Teil der Lebensplanung auf einmal der Kontrolle. Das Ergebnis vor den man steht ist unabhängig von den eigenen Handlungen. Wie ich in einem früheren Artikel zur erlernten Hilflosigkeit dargelegt habe wecken solche Erlebnissen Zweifel an der Sinnhaftigkeit überhaupt zu handeln. Es ist daher plausibel, dass Inflation die Bevölkerung depressiv macht.

Die Wirkung, die der Verlust des Vermögens hat, ist leicht nachzuvollziehen wirkt jedoch nur auf bürgerliche Existenzen. Aber Inflation beeinträchtigt psychisch auch diejenigen, die nicht bewusst Vermögen bilden. Da in einer Hyperinflation das Geld seine Verlässlichkeit verliert, ist wirklich jeder von ihr betroffen. Das Einkommen, das zuvor eine Konstante war, ist nun abhängig von ständigen Neuverhandlungen. Wofür es diesen Monat reicht kann kein Mensch sagen, wofür nächsten noch weniger. Auf diese Weise geht die Fähigkeit verloren für die Zukunft zu planen. Man ist zum Spielball äußerer Mächte geworden. Es liegt auf der Hand, dass einen auch diese Situation Hilflosigkeit lehrt.

Canetti zufolge hat die psychische Situation der Bevölkerung in der Inflation auch politische Folgen: „Alle Massen, die sich in Inflationszeiten bilden (…) stehen unter dem Druck der entwerteten Million. So wenig man allein gilt, so wenig gilt man auch zusammen. Wenn die Millionen in die Höhe klettern, wird ein ganzes Volk, das aus Millionen besteht, zu nichts.“ (Canetti, S.218)

Die Menschen wissen, dass sie zum Spielball von Kräften geworden sind, die sie nicht kontrollieren können. Da Inflation immer auf politischen Entscheidungen beruht, ist sie eine Machtdemonstration des Staates gegenüber der Bevölkerung. Allerdings eine in der die Autoritäten ihre Verantwortung verleugnen. In der Inflation zeigt sich das demokratische Kontrolle nur eine Illusion ist. Da die ökonomische Bildung, die nötig ist um die Hintergründe der Inflation zu verstehen nicht sehr weit verbreitet ist, gelingt es der Politik die Schuld Sündenböcken in die Schuhe zu schieben. Sie kann ihre Entscheidungen treffen ohne Sanktionen durch Wähler oder ähnliche demokratische Kontrollmechanismen fürchten zu müssen. (Ähnlich verhält es sich mit allen Entscheidungen die von der Politik an sogenannte Experten delegiert wird.)

Die Inflation führt schließlich zu Spannungen und Ressentiments in der Bevölkerung: „Keine plötzliche Erniedrigung der Person wird je vergessen, sie ist zu schmerzlich. Man trägt sie ein Leben lang mit sich herum, es sei denn, man kann sie auf einen anderen werfen. Aber auch die Masse als solche vergißt ihre Entwertung nicht. (…) Als Objekt für diese Tendenz fand Hitler während der deutschen Inflation die Juden. (…) In der Behandlung der Juden hat der Nationalsozialismus den Prozeß der Inflation auf das genauste wiederholt. (…) Man hätte sie [die Deutschen] schwerlich so weit bringen können, wenn sie nicht wenige Jahre zuvor eine Inflation erlebt hätten, bei der die Mark bis auf ein Billionstel ihres Werts sank. Es ist die Inflation als Massenphänomen, die von ihnen auf die Juden abgewälzt wurde.“(Canetti, S.218ff.)

Canettis Argumentation mag spekulativ sein, aber wenn man bedenkt, dass die Politik darauf angewiesen ist, Sündenböcke zu präsentieren (früher die Juden heute Banker und Spekulanten), um von ihrer Verantwortung abzulenken, erhält der Zusammenhang zwischen Inflation und Genozid erhebliche Plausibilität.

Wie wir sehen gehen die Folgen der Inflation weit über das ökonomische hinaus. Selbst wenn wir darüber hinweg sehen, dass Inflation Genozide begünstigen kann, wirft sie weite Teile der Bevölkerung in einen Zustand der Unmündigkeit und beschädigt die Demokratie. Inflation bleibt ein Spiel mit dem Feuer, lassen wir die Politiker nicht damit davonkommen.

Literatur: Elias Canetti: „Masse und Macht“.

Droht jetzt Hyperinflation?

Mai 25, 2010

Mit der Entwicklung in den letzten Wochen ist massiv Vertrauen in den Euro verloren gegangen. Grund genug sich genauer mit den Hintergründen von Inflation zu beschäftigen. Die wichtigsten Ziele, die mit der Inflation verfolgt werden, sind den Konjunkturzyklus zu manipulieren und dem Staat zusätzlich Einnahmen zu beschaffen. Meines Erachtens kann das erste Ziel nicht ohne dauerhafte Schäden erreicht werden. In unserer Situation ist das zweite Ziel jedoch viel wichtiger.

Um zu verstehen wie es zu Inflation und Hyperinflation kommen kann, muss man sich zunächst klar darüber sein, was der Staat als Einnahmen auffasst. Denn anders als private Akteure muss der Staat nicht darauf achten echte Einnahmen von buchhalterischen Fiktionen zu unterscheiden. Die Haftung für solche Fiktionen übernimmt stets der Bürger. Die Folge ist, dass der Staat alle Gelder als Einkommen begreift, die er unmittelbar ausgeben kann. Und der Staat ist dazu gezwungen auszugeben was er nur kann. Das ergibt sich aus dem Informationsproblem.

Anders als den auf dem Markt gehandelten Gütern sieht der Staat den meisten, der von ihm in Anspruch genommenen Leistungen, nicht an, was ihre Erzeugung wert ist. Den Preis, den er zahlen muss, wird von denselben Spitzenbeamten ermittelt, die ein Interesse daran haben ihn möglichst hoch anzusetzen, da dieser ihren eigenen Einflussmöglichkeiten entspricht. Die Beamten auf der höheren Ebene wissen nicht wie sehr sie das Budget kürzen können ohne Leistungseinbußen zu verursachen. Das Problem wiederholt sich auf jeder Hierarchiestufe.

Zu dem Informationsproblem kommt das Bündnisproblem. Jeder Politiker und Spitzenbeamte ist auf einen weiten Kreis von Unterstützern angewiesen, um seine Ziele erreichen zu können. Aussicht eines Ministers gehört natürlich auch die Ministerialbürokratie zu seinem Unterstützerkreis, mit dem er es sich nicht verderben darf. Es ist ihm also nicht möglich diktatorisch Budgetkürzungen durchzusetzen ohne sich selbst ins Aus zu kegeln. Entsprechendes gilt für Leistung von dem Staatsexterne Unterstützer profitieren. Auch hier gilt Hände weg.

Das gesagte gilt nicht nur für bestehende Ausgaben, sondern für auch für Ausgabewünsche, insbesondere wenn Budgetüberschüsse bestehen. Das hat wegen den konjunkturbedingten Schwankungen der Steuern eine fatale Wirkung. In guten Zeiten werden keine Spielräume geschaffen und in schlechten explodiert die Verschuldung. Seit 1950 ist es nicht gelungen Schulden abzubauen. Zu den hausgemachten Problemen kommen die demographischen. Der größte Ausgabenposten im Bundeshaushalt ist der Etat des Sozialministeriums. Dahinter verbergen sich nicht in erster Linie Zuwendungen für sozial Schwache, sondern Zuschüsse zu den Sozialversicherungen. Wegen dem demographischen Wandel wird dieser Posten weiter wachsen, will die Politik ihre Versprechungen einhalten.

Wenn also in den nächsten Jahren nicht etwas absolut neuartiges geschieht, wird der Staat in die Situation kommen, dass an den Märken nicht genügend Geld zur Verfügung steht, um die Ausgaben und das überrollen der alten Schulden (d.h. aufnehmen neuer Schulden um die alten zu begleichen) zu bezahlen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass der Staat seine alten Schulden für Null und Nichtig erklärt. Für Entwickelte Staaten ist das jedoch sehr unwahrscheinlich, da sie dann viele Privilegien verlieren würden, die darauf beruhen, dass man annimmt, dass sie genau das nicht tun werden. Natürlich wird schon dann dem Staat der Kredit verwehrt, wenn sich abzeichnet dass es mittelfristig zur Überschuldung kommt. Niemand will auf den alten Schulden sitzen bleiben, die dann nicht bedient werden können. Genau das ist mit Griechenland passiert.

Eine Option den Zahlungsausfall zu vermeiden ist es, die Zentralbank die Schulden aufnehmen zu lassen, die nicht mehr am Markt platziert werden können. So wie es die EZB mit den Altschulden einiger Währungsunions-Staaten macht. Die Notenbanken refinanzieren sich, indem sie Bargeld in Umlauf geben oder an Banken verleihen. Um den Kapitalbedarf zu denken, der sich aus der Übernahme der Staatsschulden ergibt, haben sie also zwei Möglichkeiten. Entweder sie erhöhen den Bargeldumlauf und sorgen so für Inflation oder sie schränken die Refinanzierungsmöglichkeiten der Banken ein. Die zweite Möglichkeit würde schnell zu einer Kreditklemme von historischem Ausmaß führen und kann sogar die Stabilität des Finanzsystems bedrohen. Auch das ist also keine dauerhafte Option.

Bleibt also die Inflation. Macht sich die Zentralbank keine Gedanken um die Kaufkraft, ist der reale Wert der zusätzlich in umlaufgebrachten Geldmenge ihr Gewinn (auch Seigniorage genannt), der verwendet werden kann, um die Staatsausgaben zu finanzieren. Es stellt sich die Frage warum dieses Instrument nicht häufiger eingesetzt wird, um Einnahmen zu generieren. Die Antwort ist, dass die möglichen Einnahmen in keinem Verhältnis zu den Schäden stehen, die eine solche Politik anrichtet. Langfristige Kreditgeschäfte werden hoch riskant. Diejenigen die feste Einkommen beziehen müssen Einbußen hinnehmen usw. Die langanhaltenden Effekte einer Inflationsrate unter 5% beeinflussen das Wirtschaftsgeschehen zwar nur relativ gering, aber mit ihr lassen sich auch nur niedrige Einnahmen erzielen, sodass solide Staaten fast gänzlich darauf verzichten.

Begibt sich der Staat auf den Weg seine Einnahmen durch Geldschöpfung zu erzielen, erreicht er bald ein Punkt ab dem es kein Zurück mehr gibt. Da alle anderen Einnahmen zu Beginn einer Periode eintreffen, die Ausgaben aber in deren Verlauf anfallen, sink mit steigender Inflation die Ergiebigkeit der anderen Einnahmen. Die Seigniorage verdrängt die anderen Einnahmen und bleibt schließlich als einzige übrig.

Natürlich sind auch die Einnahmen die über die Geldschöpfung generiert werden können begrenzt. Es kann nicht mehr an Einkommen errungen werden als die Wirtschaftssubjekte bereit sind, an realen Werten in Bargeld aufzubewahren. Je niedriger das Bedürfnis nach Kassenhaltung ist, desto niedriger fallen auch die Einnahmen aus Seigniorage aus. Da die Kassenhaltung mit steigender Inflation zurückgeht, besteht die Gefahr einer außer Kontrolle geratenen Feedbackloop: Der Staat reagiert auf sinkenden Erträgen mit höheren Inflationsraten, die Wirtschaftssubjekte auf höhere Inflationsraten mit niedrigerer Kassenhaltung, was sinkende Erträge zur Folge hat. Der größte Ertrag, der sich erzielen lässt, ist der, der die Feedbackloop geradeso noch nicht auslöst. Ist sie einmal ausgelöst führt die Feedbackloop zu explodierenden Inflationsraten: Hyperinflation.

Aber es geht noch schlimmer. Der Staat versucht für die Lasten, die sich für die Bevölkerung ergeben, einen Sündenbock zu finden. Dies gelingt ihm meistens recht gut. In der Regel müssen Spekulanten und Wucherer dafür hinhalten. Diese Legenden flankiert der Staat mit Maßnahmen die oberflächlich gesehen, dazu dienen die Inflation einzudämmen. Oft sind das Preiskontrollen. Das Ergebnis dieser Maßnahmen ist natürlich nicht, dass die Hyperinflation beendet wird, denn die ist durch die Geldmenge getrieben, sondern das auf den legalen Märkten keine Güter mehr angeboten werden. Die Situation hatten wir bis vor kurzen in Simbabwe. Dort reagierte die Bevölkerung indem sie aus dem Lang floh.

Der einzige echte Ausweg aus einer Hyperinflation ist eine Währungsreform. Die kann nur dann erfolgreich sein, wenn die Schulden der alten Währung nur zum Teil in die Neue übernommen werden und sich der Staat somit entschulden kann. Geschieht das nicht, wird der Wert der neuen Währung genauso schnell zerfallen wie der der alten.

Dass die EU den hier gezeichneten Weg bis an sein bitteres Ende geht, halte ich für eher unwahrscheinlich. Aber jeder Versuch ihn zu verlassen ist mit erheblichen Kosten und großen Widerständen verbunden. Wie zahlreich historischen Beispiele zeigen ist der Weg in die Hyperinflation der Weg des geringesten Widerstands.